Vom „ewigen Eis“ in den Dschungel des Amazonas
Ich möchte wieder in die Anden, Ziel sind die Cordillera Blanca. Die Carretera Central hat mich nicht sehr angesprochen, die Fahrt war geprägt von dichtem Verkehr, vor allem LKWs. Über Canta führt ein direkter Weg nach Cerro del Pasco, die Ausfahrt aus Lima ist ein eigenes Kapitel, ich brauche über zwei Stunden um auch die Randgemeinden hinter mich zu bekommen. Kurzer Halt in Canta, Obst, einige Süßigkeiten, dann weiter in die Berge, kleine Dörfer. An einem Bergsee werde ich vor einer Baustelle angehalten, vor mir ein Peruaner, er spricht mit der Frau, die den Verkehr regelt, dreht um, sagt mir, dass die Strecke mindestens für drei Stunden gesperrt ist und fährt zurück.
Ich beschließe zu warten, eine Ausweichstrecke gibt es nur sehr großräumig, eine Tagesreise. Wir sind auf über 3.500 Meter, gemütlich rauchen ist nicht – zu kalt, 6 Grad. Ich packe die restlichen Süßigkeiten aus, unterhalte mich mit der Frau mit Stoppschild, biete ihr mein Snickers an, ihrem Kollegen die restliche Schokolade, nehmen beide gerne an. Nach zehn Minuten deutet sie mir, ich könne weiter fahren?! Ein Cat hat eine Fahrspur so weit hergerichtet, dass ich mit etwas Mühe, aber gut durchkomme. In der Gegenrichtung warten schon etliche Fahrzeuge, ich komme als Einziger durch … gut investierte Schokolade!!! Baustellen, an der Straße wird an ein paar Stellen gearbeitet, ich habe nicht den Eindruck, dass sie erneuert wird – wie im Internet beschrieben „als zusätzliche Verbindung von Lima in die Minenstadt Cerro de Pasco“ – sondern eher Aufräumungsarbeiten nach den Unwettern im März. Die Strecke selber ist in einem nicht besonders guten Zustand, oft sind tiefe Wasserfurten, tiefer Gatsch, einige Male auf 4.500 Meter. Eine sonderbare Landschaft „Bosque del Piedra“ – Steinwald, bizarr, übereinander gestapelte Steine, ähnliches gibt es noch in China – liegt unter mir. Über eine Hochebene erreiche ich Cerro del Pasco, 4.200müM, eine Stadt direkt an einem riesigen Loch, einer Mine, gebaut. Nächtigung im Balcony Hotel, Warmwasser, aber keine Heizung und: Es ist schon am Abend ziemlich kalt. In den Restaurants gibt es auch keine Heizung, die Leute sitzen dick angezogen an den Tischen, es gibt das übliche Menü: Suppe und Huhn. Im Hotel werde ich von der Zimmerfrau mit einer Thermoskanne, Tee und einem Thermofor versorgt – der ist auch wirklich notwendig. Ich schaue mich im Zimmer um, ein Kasten in der Ecke und: Ich finde einen Heizstrahler!!! Damit wird es nach einiger Zeit halbwegs gemütlich im Zimmer (;-)) . „Peruanisches“ Frühstück“, weiter Richtung Norden, durchwegs asphaltierte Straßen und ich komme gut voran, bis Huanuco, Hostal „Sweet Dreams, dann ist Schluss mit Asphalt, Naturstraße, enge Kehren. Vorbei am beeindruckenden Felsen „Corona del Inca“, Nächtigung in La Union, hier sind die Zerstörungen der Unwetter im März noch dramatisch sichtbar, der ganze Ort ist eine riesige Baustelle, überall starke Vermurungen.
Vor dem Abend möchte ich noch ein Inkabauwerk besuchen, es liegt außerhalb des Ortes, über viele Serpentinen erreiche ich eine Hochebene, am Horizont zieht eine Gewitterfront auf. Auf Nachfrage muss ich akzeptieren, dass das Inkamonument nur über eine Wiese mit vielen Schlammlöchern erreichbar ist – hier kommen nicht besonders viele Leute her – ein Parkplatz und: Es beginnt ziemlich stark zu regnen, aber nicht lange, dann wird es Hagel. Unterschlupf in einem nahen Haus, kaufe bei Hausfrau Mineralwasser und warte bis das Unwetter vorbeizieht. Die Besichtigung spare ich mir, zurück nach La Union, Abendessen – Überraschung: Pollo del Brassa! Weiter Richtung Cordillera Blanca, ich nehme den Abzweiger über die südliche Querung, schöne Landschaft, auf halber Strecke ist dann Schluss, ein riesiger Erdrutsch hat die Straße unpassierbar gemacht. Zurück und über die Hauptverbindung weiter. Die nächste Überquerung der Cordillera Blanca ist gut ausgebaut, durch den Tunnel Kahuis – das sind die Landschaften, die mir gefallen, vergletscherte Berge, Seen, … Halt in Huari, Abendessen: Pollo, dieses Mal mit Papa fritas.
Am Morgen Abstecher zur Laguna Purhuay und weiter nach San Luis. Die Straße ist in einem erbärmliche Zustand, ich brauche für die 55 Kilometer über zwei Stunden, bekomme dafür aber Anerkennung in der Chifa in San Luis – normalerweise braucht man vier Stunden – kann ich mir sehr gut vorstellen. Mittagessen: Suppe und … Chifa de Pollo, ein riesiger Berg Reis mit Hühnerstücken. Schaffe gerade Mal die Hälfte, rede mit den anderen Gästen wie es weiter über die Berge geht. Sie sagen mir, dass es eine bestens ausgebaute Straße ist, kaum zu glauben??? Ist es aber! Komme rasch weiter, am Pass: Punta Olimpica – das Herz der Cordillera Blanca und ein Leckerbissen für Motorradfahrer.
Der höchste Berg Perus, der Huascaran, eine Serpentinenorgie die ihresgleichen sucht. In Carhuaz finde ich ein wunderbares Hotel, mit ruhigem Garten, nette Zimmer, eine Seltenheit auf meiner Reise. Ich bleibe zwei Tage. Ausflug zu einem Nationalpark in den Cordilerra Blanca, wunderschöne Lagune Llanganuco an der Nordseite des Huascaran. Abendessen an beiden Tagen: Huhn, in unterschiedlichen Formen.
Next to come: Canon del Pato, die Entenschlucht. Fotos sagen mehr als viele Worte …
Einfaches Quartier in einem kleinen Pueblo am Ende Canons, Dusche, aber kein Warmwasser um 4,50 Euro und: Huhn, dieses Mal mit Reis. Fahrt nach Trujillo, Abkürzung über die Berge, etwas ausgesetzt, aber interessanter als die geteerte Hauptverbindung. Hotel im Zentrum von Trujillo, die Stadt wurde im März von schweren Überschwemmungen heimgesucht, die Auswirkungen sind noch an vielen Stellen deutlich sichtbar. Besuche die Ruinen von Chan Chan, eines präkolumbischen Reichs der Chimu Indianer – über 600 Jahre hatte diese Kultur am Rande des Pazifiks die Vorherrschaft, diese wurde dann durch die Inkas je beendet. Bei den Ausgrabungen von Huaco del Sol y de la Luna schließt sich der Kreis über die Herrschaft der Moches, die 500 Jahre andauerte und letztendlich von der Chimu Herrschaft abgelöst wurde. Damit sind 1.100 Jahre südamerikanischer Kultur umspannt, die kürzeste die der Inkas, welche nur 90 Jahre dauerte. Über die Panamericana fahre ich Richtung Lima, eine wüstenähnliche Gegend, das Wetter ist typisch – die aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Pazifik bildet dichten Nebel, die Straße ist feucht. Nach einer Anhöhe, leicht bergab eine stillstehende Kolonne. Ich bleibe rechts neben den Autos, LKWs stehen. Es ist dichter Nebel, kaum 20 Meter Sicht, nachdem es längere Zeit nicht weitergeht beschließe ich umzukehren. Die Kolonne ist mittlerweile ziemlich lang. Ein Autobus ist auf einen LKW aufgefahren, die ersten drei Sitzreihen sind schwer beschädigt, überhaupt merke ich, dass alle LKWs und Busse ineinander verkeilt sind, ich erreiche das Ende der Kolonne, aus dem Nebel kommt ein LKW quer auf die stehenden Fahrzeuge zu, kracht in die Kolonne und drückt sie weiter zusammen. Er steht quer über die Fahrbahn, auf der einen Seite in der Berg, auf der anderen Seite über den Abgrund. Wo so viele havarierte Fahrzeuge sind, kommen sicher noch etliche weitere dazu, ich drehe so schnell wie möglich um und fahre wieder in die andere Richtung zurück, nachdem aus dieser Richtung keine Fahrzeuge gekommen sind einfach links vorbei. Der Grund für den Stau ist eine Baustelle, der Verkehr ist auf beiden Seiten angehalten, meine Richtung erhält Fahrt und ich schaue, dass ich so schnell wie möglich hier weg komme. Ich konnte sicher an die fünfzig ineinander verkeilte LKWs und Busse sehen, etliche schwer beschädigt, die Straße ist durch den Sand und die Feuchtigkeit spiegelglatt, denke das wird noch einige Zeit gedauert haben die Massenkarambolage aufzulösen – im Gegenteil, durch den Nebel werden noch etliche Fahrzeuge auffahren, die Straße ist glatt wie Eis. In Lima ist Stoßzeit, langes Wochenende, ich brauche drei Stunden bis ins Zentrum. Gönne mir einige freie Tage, dann für eine Woche nach Iquitos.
Iquitos ist nicht über den Landweg erreichbar, zwei Wochen mit dem Schiff zum Amazonas oder mit dem Flieger. Eine halbe Million Einwohner mitten im Dschungel des Amazonas, ich fahre mit einem Schnellboot noch 70 Kilometer stromabwärts zu einer Lodge im Dschungel. Eine Woche ohne Strom, vielen Moskitos, Wasser bis zur Brust, Camping im Dschungel – ohne Zelt, schlafen auf Blättern als Schutz gegen Schlangen. Wir baden untertags im Amazonas, nach Einbruch der Dunkelheit machen wir Nachtwanderungen und Fahrten mit dem Boot – wir suchen Alligatoren, Schlangen, Taranteln, Bullfrogs, … finden auch alles -> dort wo wir untertags baden oder brusttief im schlammigen Wasser wandern!!! Dazwischen abhängen in der Hängematte. Meine kleine Gruppe von fünf Leuten löst sich nach drei Tagen auf, mit unserem Guide Mijkael mache ich dann die restliche Tage Touren durch den Dschungel und in kleine Dörfer – eine ganz andere Erfahrung zu meinen bisherigen Erlebnissen und Eindrücken: Da das Altoplano mit der Atacama Wüste, die kälteste und trockenste Wüste der Welt, in der es in einigen Gegenden über zwanzig Jahre nicht geregnet hat, 4.500 Höhenmeter. Hier der Amazonas, Meeresniveau, überall Wasser, Wanderungen im hüft- bis brusthohem Wasser, viele Tiere, … gegensätzlicher geht es kaum. Die anfänglichen Hemmungen mit der braunen Brühe habe ich schnell überwunden, ich komme auch mit zwei Garnituren Wäsche durch – man bewegt sich schließlich fast immer im Wasser. Die Moskitos sind irgendwie handlebar – Moskitonetze, lange Kleidung, … – mit Bettwanzen ist es nicht so einfach. Ich habe etliche mit Bissen am ganzen Körper gesehen, juckt wesentlich stärker als die Moskitobisse -> Mit Wanzenspray das Bettgestell und die Umgebung gleich nach der Ankunft behandelt und glücklicherweise nichts abbekommen. Nach einer Woche fliege ich wieder zurück nach Lima, dort warte ich einige Tage bis Sigrid ankommt, gemeinsam wollen wir dann drei Wochen durch Peru, Chile, Argentinien nach Bolivien.
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