Hatte Toni in Garni, Armenien getroffen, nun bin ich mit ihm an der Grenze von Armenien nach Georgien. Beim Vorfahren zur Passkontrolle ruft und fuchtelt ein Uniformierter neben uns herum – er möchte das Einreisedokument für die Bikes, das ging schnell und ohne Umschweife. Ein weiterer Schalter macht auf, wir sind die ersten an der Reihe. Die Eingabe in den Computer dauert zwar etwas, aber nach wenigen Minuten sind wir durch – weiter nach Georgien. Hier ist die Abfertigung für die Passkontrolle und das Motorrad in einem und auch relativ schnell erledigt – Hinweis auf die obligatorische Versicherung. Wir fahren einige Kilometer bis zum nächsten Ort – Geld abheben beim Bankomaten, Kleinigkeit zum Essen, SIM Karte, alles ohne Probleme. Zurück zur Versicherungsstelle, für 15 Tage 20 Euro. Wir beschließen nach Osten in die Weingegend Kachetien zu fahren, Sighnaghi. Teilweise enge hügelige Straßen, kurz Autobahn.
Bin eher flott unterwegs, verliere Toni aus dem Rückspiegel. Halt beim nächsten Abzweiger, weiter, bis uns ein entgegenkommendes Polizeifahrzeug zum Anhalten auffordert?! Toni meint „das könnte teuer werden“, ein Polizeiauto hätte ihn erfolglos verfolgt, habe wieder abgedreht. Er vermutet, dass wir nun wegen Schnellfahrens gestoppt wurden. Das war auch der Grund, dass er danach langsamer gefahren ist. Unsere Reisepässe sind „sicherheitshalber“ im Polizeiauto verschwunden. Der Beamte im Auto telefoniert ziemlich lange, mehrmals. Der andere fotografiert unsere Kennzeichen, das dauert. Woher wir kommen? Wohin wir fahren? Toni meint: Er hat entsprechende Erfahrungen in Slowenien gemacht!“ Etliche Telefonate später bekommen wir kommentarlos unsere Reisepässe zurück, an die Dienstkappe getippt, ciao?!?! Wir können uns keinen Reim drauf machen, nehmen aber gerne an! Toni meint „wir sind jetzt aktenkundig und sollten eher vorschriftsmäßig weiterfahren“ – ok! Weiter, nun im vorschriftsmäßigem Stil, nach dreißig Kilometer werden wir wieder von der Polizei angehalten – same procedure as last time. Toni: „Das war aber sicher nicht zu schnell, wollte Dir schon sagen, dass Du ziemlich feig unterwegs warst (;-))“! Hatte schon beim ersten Mal den Verdacht, dass es nicht Schnellfahren war. Auch jetzt: Pässe im Auto, Telefonate, warten, … geht jetzt schon schneller, an die Kappe getippt und ab! Über enge Bergstraßen nach Sighnaghi hoch. Das Guesthouse in Maps.me finden wir nicht, auf der Suche danach aber ein anderes, nettes – Hillside Guesthouse. Schöner Balkon, noch schönerer Ausblick. Zum Abendessen in die „Festung“, ein Steinbau mit tollem Ausblick. Leider nicht für uns, starker Wind kommt auf, Regen. Essen ist georgisch und schmeckt sehr gut, Rotwein: Hauswein Separavi. Gutes Frühstück auf der Terrasse! Wir möchten über den Hauptort des georgischen Weines Telawi nach Tiflis. Bis Telawi eine Aneinanderreihung von Ortschaften. Kurzer Stopp, Kaffee, … in Telawi. Wir finden kein richtiges Weinlokal / Degustation, fahren weiter nach Alaverdi, altes Kloster. Nur kurzer Halt, Foto und weiter. Die Orte werden weniger, die Straße dürftiger, bis es in eine reine Schotterstraße übergeht – dreißig Kilometer etwas Fahrspaß. In Tianeti wieder Asphalt, aber eine schöne Bergstrecke bis wir in die Georgische Heerstraße einmünden. Boxenstopp an der Georgischen Heerstraße, Mittagessen. Wir wissen zwar nicht WAS wir bestellen, es kommt Kurzgebratenes und schmeckt ganz gut. Toni hat ein Appartement im Zentrum von Tiflis gebucht, Schrittverkehr durch die Stadt. Rechts ab Richtung Mtatsminda, dem heiligen Berg, und der ist ganz schön steil, wir enden in einem Sack, Gasse ist es keine mehr. Läuten, eine etwas dubiose Gestalt öffnet, der Hausbesitzer kommt einige Minuten später. „Problem! Alles ausgebucht“?!? Wir hatten zwei Zimmer gebucht, er hat aber überhaupt nur ein Einzelzimmer??? Er möchte uns zu einem anderen Appartement bringen, wir überlegen, … lehnen dankend ab. Ich hatte schon einige Tag vorher ein Hotel im maps.me angezeichnet, mit Privatparkplatz, da ich für das Bike die kommende Woche einen sicheren Abstellplatz brauche: Sigrid mit ihrer Schwester Ulli und Günter kommen nach Tiflis, wir verbringen eine Woche gemeinsam in Georgien. Alles passt, Zimmer sind frei, ich kann das Bike eine Woche im Hof sicher abstellen – perfekt … bis auf: Im Bad von Toni riecht es etwas streng. Mittlerweile hat es heftig zu regnen begonnen, Abendessen in der Umgebung. Nach dem Frühstück macht sich Toni auf den Weg nach Sugdidi, er hat dort einen Kontakt zu einem deutschen Motorradfahrer erhalten – es regnet noch immer und das bleibt den ganzen Tag so. Mache einen Tag blau, ringe mein Gepäck für die gemeinsame Woche in unser Hotel im Zentrum. Der Antennenmast auf dem Berg in der Nähe unseres Hotels leuchtet in allen Farben.
Das Flugzeug kommt mit einer halben Verspätung in Tiflis an – Willkommensfreude nach fast zwei Monaten! Auch meine Ersatzteile sind mit dabei – das Endgetriebe, Simmering, Werkzeuge, … Kurzer Spaziergang durch die Altstadt, Abendessen im „famosen Restaurant“ – der Platz davor gleicht einem Kriegsschauplatz – Bauruinen soweit das Auge reicht! Aber super Lokal, sehr gutes Essen, Livemusik vom Klavier! Ein famoser Anfang! Tiflis ist eine boomende Tourismusstadt, in erster Linie russische Gäste, überall wird russisch gesprochen, wir werden auch immer wieder gefragt, ob wir aus Russland kommen?!?! Das Zentrum hat unheimlich verspielte Ecken, Lokalmeilen, neben alten baufälligen Gebäuden neue moderne oder revitalisierte Häuser. Wir erkunden die Altstadt, Flohmärkte, Cafeterias, … alles zu Fuß! Eine andere „Erfahrung“ für mich – das iPhone zählt an einem Tag 15.000 Schritte, fast acht Kilometer, mein Wochenpensum (;-)) . Besuch einer Kirche, kurz vorm Zusperren. Der Priester spricht Günter und mich auf Deutsch an, erklärt uns die Bewandtnis und Bedeutung dieser Kirche im Zentrum von Tiflis. Morgen ist der Geburtstag des Heiligen Georg, dem Landespatron und großer Festgottesdienst, wir sind herzlich eingeladen.
Die Liebesbrücke, mit den schlanken gusseisernen Frauen und Männern und die Friedensbrücke (neue Brücke nur für Fußgänger) über den Fluss Kura sind sehr sehenswert…
Das Überqueren von Straßen ist oft ein Hürdenlauf, einige Subways helfen etwas. Die Unterführungen sind etwas beängstigend, düster, muffig. Es sind diverse kleine Geschäfte in den Durchgängen zu finden, eigentlich nicht sehr menschenfreundlich für die Verkäufer. Mit der Seilbahn zur „Mutter von Tiflis“, Cafe, Eis, Zigarre mit tollen Rundblick. Wir genießen den Ausblick und die Zeit miteinander.
Das Foto von Ulli und Günter in der Nähe des „famosen Restaurants“ erinnert an eine Mad Max Szene – Endzeitstimmung, aber der gesamte Platz wird in einem „Aufwaschen“ restauriert, lediglich die vordere Fassade bleibt erhalten, alles andere wird erneuert – ein gefundener Anblick für unseren passionierten Architekten Günter!
Separavi, Rotwein aus Georgien, Khachapuri, Khinkahli, Dolma = gefüllte Wein- oder Kohlblätter sind allgegenwärtig.
Leihwagen für die nächsten Tage ist angesagt – 4WD, da die Straßen so schlecht sind?!
Am nächsten Tag geht’s mit dem Auto über die georgische Heeresstraße nach Stepantsminda, der Wetterbericht verspricht wechselhaftes Wetter – so ist es dann auch. An einem Stausee … ein Kloster. Davon gab es in Armenien, Tiflis schon sehr viele, alle aus der christlichen Anfangszeit. Halt: Garden Restaurant in Passanauri, wieder einmal Khinkahli, in Teig eingewickeltes Faschiertes, sieht aus wie eine ¨Frauenbrust¨ wird mit den Fingern gegessen, die Suppe ausgeschlürft und bis auf den ¨Nippel¨ verputzt. Wir essen gerade mal fünf Stück, die kleinste Menge, auf den anderen Tischen wird eine Platte nach der anderen gereicht!!! Gudauri: DER Schiort im Kaukasus, viele Hotels, noch viel mehr Bauprojekte (besonders von Marshall Invest!), riesige Baustellen, Schilifte. Der Ort liegt auf über 2.000 Meter, wirkt eigentlich nicht sehr einladend. Die Heeresstraße ist die Hauptverbindung von Russland in den Kaukasus, viele LKW´s, die Straße ist teilweise in einem erbärmlichen Zustand. Einige Kilometer nach Gudauri das „russisch georgische Freundschaftsgebilde“ – also mit Freundschaft und so wird das zwischen den Georgiern und den Russen nicht so richtig.
Viele Busse, Marktstände, wir fotografieren, posieren vor dem Denkmal, der Landschaft. Nach Stepantsminda geht es dann noch einmal richtig hoch, 2.300 Meter sind schon drinnen, es liegt noch viel Schnee, meterhoch neben der Straße. Stepantsminda liegt am Fuße des Kazbegi, berühmter Berg an der Grenze zu Russland und: Einem Kloster hoch über dem Ort. Der Parkplatz vor dem Kloster ist ziemlich groß, heute sind relativ wenige Autos und Busse da. Rundgang im Kloster, dass die Bevölkerung vor tausend Jahren an die christlichen Werte ¨erinnern¨ sollte. Nach Stepantsminda ist in elf Kilometer die russische Grenze, wir fahren zurück Richtig Tiflis, Nächtigung in einem kleinen Hotel mit nettem Restaurant an der Strecke, die machen extra für uns den offenen Kamin im Restaurant an! Zum Frühstück gibt es dann einige Missverständnisse, letztendlich haben wir dann zu dem obligatorischen Kuchen noch etwas Brot, Marmelade Cafe und Tee bekommen. Wir erreichen Gori über die Autobahn – Geburtsort eines bedeutenden Georgiers: Iosseb Bessarionis Dschughaschwili genannt Stalin – Denkmal, Mausoleum des Geburtshauses (welches es eigentlich nicht ist: Haus mitten am Hauptplatz, geschützt von einem Marmorgebilde?!) und örtliches Museum. Die Leute lassen sich mit den Fingern zu einem Herz gebildet vor dem Mausoleum und der Statue ablichten. Wir gehen durch den grünen Eisenbahnwaggon von Stalin neben dem Museum bevor wir weiter fahren.
Die Straße nach Kutaissi ist eine wilde Berggegend, viel Verkehr, etliche Stunden Fahrzeit. In Kutaissi zuerst mal nach Gelati: ist eine Klosteranlage im Westen Georgiens, unweit der Stadt Kutaissi. Das Kloster zählt zu den bedeutendsten Werken georgischer Kunst und zum Weltkulturerbe der UNESCO und hat wenig mit Eis zu tun. Hotel in Kutaissi, viel russisches Flair. Rundgang durch das Zentrum, Starwars-Gedanken, Abendessen in einem sehr netten Restaurant, das uns ein gut deutschsprechender Georgier spontan gezeigt hat.
Zurück nach Tiflis über die Bergstraße, Halt an einer sehr auffälligen Autobahnraststätte – „Brutal“ Architektur, aber eigentlich nur aus Platten und nicht wie gedacht aus Beton. Sieht innen ganz nett aus und es gibt guten Kaffee und Kuchen, Ulli vermeint einen österreichischen Architekten dabei?! Über die Außenbezirke Richtung Flughafen, hier gibt es sie: Die berühmten „Schachtelanbauten“ an die alten Plattenbauten. Um die Wohnungsnot zu lindern hat man in den 90ern begonnen schachtelartige Zubauten an den Häusern anzubringen und so etwas mehr Wohnraum zu generieren, meist mit unglaublichen Konstruktionen. Viele Häuser sind bewohnt, obwohl sie keine Fenster haben, Balkone im fünften Stock ohne Balustrade oder Geländer. An einem See machen wir Halt um „Stonehenge“ auf dem Berg zu fotografieren, ein Bauwerk aus Sowjetzeiten.
Abschied von Ulli und Günter am Flughafen von Tiflis, Sigrid bleibt noch eine Nacht. Die Rückgabe des Leihwagens gestaltet sich so wie ich es erwartet hatte. Das Auto ist rundherum mit Dellen versehen, auf dem Übernahmeprotokoll ist das einfach mit unzähligen Kugelschreiberpunkten gekennzeichnet, ein Kratzer an der rechten hinteren Tür stört den jungen Mann, warum wir keine Meldung gemacht hätten?! „Weil wir einen zusätzlichen Kratzer verursacht haben!“ Problem … Gebe ihm aus Goodwill einige Lari zum Ausbessern, er fragt noch nach, ob wir eine gute Bewertung in Google machen können und schickt uns den Link. Eine halbe Stunde später etliche Anrufe, SMS, … wir sollten das mit dem Kratzer doch nicht erwähnen … Ich erlebe auf meinen Reisen immer wieder größere und kleiner Betrügereien, regt mich auch nicht wirklich auf, so unverschämt sind sie aber selten. Sigrid und ich verbringen noch einen netten Tag mit Spaziergang in der Stadt, Cafe, Bhlini, … und genießen einen schönen ruhigen Nachmittag ehe es zum Flughafen geht. Etwas wehmütiger Abschied nach einer beschaulichen gemeinsamen Zeit. Die Flüge sind ohne nennenswerte Vorkommnisse, ich bereite meine Abreise für den nächsten Tag vor. Der Wetterbericht ist nicht besonders gut, komme aber ohne Regengewand bis nach Grozny, einige Fotos noch auf dem Weg. In Stepantsminda werde ich von einem jungen Slowenen auf Deutsch angesprochen, er wohnt in Wien und ist mit einigen anderen auf Bergtour im Kaukasus, leider war noch zu viel Schnee und sie konnten nicht viele Touren machen.
Hallo lieber Toni !
Danke für den Super Reisebericht
Es ist immer wieder eine Freude Deine Berichte zu lesen.
Liebe Grüße von Lagos in der Algarve morgen fahren wir nach Lissabon.
Michi und Stefan
Lieber Stefan,
war ein sehr netter „Urlaub“ für uns!
Freue mich auf Euren Portugal Schwerpunkt.
Herzliche Grüße, Toni