Nach meinem Unfall im April 2024 in Rurrenabaque, Bolivien – Beckenbrüche, Kieferbrüche, … – war ich einige Monate rekonvaleszent. Die GS 1250 ist mit einiger Verspätung (und mit hohen Kosten, dem Zoll in Bolivien sei Dank) am Flughafen in Wien angekommen. In den Wintermonaten wird bei BMW Heiligenstadt der Check, Aufwand, … für eine mögliche Reparatur ermittelt. Ich hatte mir als Ausgleich ein Honda Africa Twin mit DCT (Automatikgetriebe) gekauft. Es sollte etwas vollkommen unterschiedliches zu den BMWs sein – gleich vorweg: Sie ist vollkommen anders!
Im August in den Hafen nach Hamburg gebracht, Ende September in Valparaiso.
30. September 2024
Flug nach Santiago – alles on Time!
Zwei Stunden bei der Passkontrolle. Gepäck mit den Ersatzteilen steht bereits neben dem Förderband. Keine Zollkontrollen. Mit dem Bus nach Valparaiso. Treffe am Abend Ronny im ibis Hotel, er ist ein guter Freund und Unterstützer geworden. Am nächsten Tag holen wir mit seiner Hilfe die Bikes aus dem Zolllager. Obwohl in den Zollpapieren einige Fehler sind, und sie daher ein zweites Mal ausgestellt werden müssen, sind wir Mittags fertig und draußen.
Nach dem Unfall im April möchte ich so schnell wie möglich meine in Argentinien und Bolivien „verstreuten“ Gegenstände, Koffer, Helm, Motorradschuhe, … einsammeln. Mache mich ohne weitere Aufenthalte auf den Weg in Richtung San Juan. Komme gut und schnell voran. Am Paso Libertadores (Cristo Redentor) eine Schlange vor der Grenzabfertigung. Es geht aber zu meiner Überraschung relativ schnell. Komme rasch bis zu den Abfertigungsschaltern, kaum Fragen, schnelle Abwicklung. Der Zollbeamte von der argentinischen Seite freut sich einen „Ausländer“ vor sich zu haben. Bekomme in wenigen Minuten das Temporal Permisio für die Honda. Weiter in Richtung Uspallata. Bis San Juan sind es circa fünf Stunden, das geht sich noch vor zehn Uhr aus und damit noch viel Zeit bis zum Abendessen – und genauso ist es dann auch.
Freue mich die Familie von Nito wieder zu sehen. Mabel bietet mir die Wohnung von Gonzalo an „Die ist wunderschön!“. Schaue etwas traurig, darf dann doch in „mein Zimmer“ einziehen. Verteile die mitgebrachten Ersatzteile. Zusammentreffen mit den Freunden bei Alfredito zum Asado! Miguel, Horacio, German, … Mabel und Nito wollen nach Salta, eine Marienstatue besuchen. Sie brauchen noch einen Tag Vorbereitungszeit, bleibe noch einen Tag länger, dann gemeinsam in Richtung Norden. Es ist immer eine schöne, entspannte Reise mit den Beiden.
Für mich geht es weiter in Richtung Bolivien. Hatte bis jetzt noch keinen Plan wohin zuerst, entscheide mich für Santa Cruz. Über die Grenze in Yacuiba, Hotel. Frage nach einem Geldwechsel: Gleich gegenüber. Der Wechselkurs liegt um 50% über dem Normalwert?! Nütze die Gelegenheit. Erfahre später, dass es in den letzten Monaten in Bolivien Schwierigkeiten mit dem Dollar gibt und daher ein Schwarzmarkt entstanden ist.
Komme nachmittags in Santa Cruz an, erster Halt bei BMW. Treffe Ovidio, seinen Boss Rene Aguire … und meine Überreste der Gegenstände, die sie nicht mit dem Motorrad im Flieger mit nach Wien schicken durften – Helm, Motorradschuhe, Reifen, … Es mussten auch alle Flüssigkeiten aus der BMW abgelassen werden – wegen des Zolls?! Nicht wegen der Fluglinie.
Vier Zollkontrollen, vier Mal musste BMW einen Mechaniker zum Flughafen schicken um die einzelnen Kontrollen (Sicherheitscheck, Drogen, Zoll, …) durchzuführen. Für mich reine Schikanen, aber Schnee von gestern. Es ist – fast – alles da. Einige Teile aus dem Top Case fehlen. Denke die wurden beim Unfall aus dem Top Case geschleudert und in der Landschaft verteilt. Am Helm sind lediglich zwei Schrauben von der Visierplatte und die Plastikplatte gebrochen. Hatte das auf Fotos gesehen und bei Arai in Holland nachgefragt – die hatten mir die Teile als „Entgegenkommen“ gratis zugeschickt. Der Hinterreifen hat Beschädigung am Wulstkabel, einem der stärksten Teile des Reifens. Wenn der Reifen das nicht abgefangen, hätte wäre es ziemlich sicher mein Knie gewesen. Das Top Case entsorge ich, den Rest nehme ich mit.
Bleibe einige Tage, treffe Gerhard – Gemeinsame Cafeteria Besuche, Restaurant, in seinem neuen Haus, lerne seine Frau kennen …
Den kürzesten Weg über Cochabamba nach La Paz. Frühstück mit Gert. Danach treffe ich Marcelo, er hatte mich im Spital in La Paz regelmäßig besucht. Da ich mit der Flugambulanz nach Hause geflogen wurde, hat er meine Seitentaschen mit Inhalt, Motorradschuhe, Motorradgewand,… bei sich zu Hause aufbewahrt (und gewaschen!). Schnalle auch diese Teile auf das Motorrad und schau aus wie ein Landstreicher: Fünf Reifen, fünf Motorradkoffer, viel Gepäck. Der Helm, den ich mitgebracht hatte, bleibt bei Marcelo.
Denke, dass ich mit den drei Ersatzreifen nicht über die Grenze nach Argentinien komme und wechsle spät am Abend den bereits abgefahrenen Hinterreifen. Die Demontage des Hinterrades der Africa Twin ist eine Aufgabe für sich … Auf dem Weg zum „Reifenschuster“ fahren wir bei Tankstellen vorbei. Die elendslangen Schlangen vor den Tankstellen sind mir schon seit der Einreise nach Bolivien aufgefallen, so auch in La Paz. Nachdem ich ohnehin bei den Tankstellen kein Benzin bekomme: „Wir dürfen nicht an Ausländer verkaufen, verboten?!“ kaufe ich Benzin in den Häusern, die mit ausgehängten, leeren PET Flaschen anzeigen, dass es hier Benzin gibt.
Mache mich auf dem Weg nach Tarija, Zwischenstopp in Potosi. In den Bergen vor Potosi: Schneefahrbahn und ziemlich frisch. Auch hier Schlangen vor den Tankstellen.
Freue mich Frederic und seine Familie im Hotel La Pasarela in Tarija wieder zu treffen, ist jedes Mal ein „Coming home“. Und die Freude auf ihrer Seite ist fast körperlich spürbar. Auch Frederic erzählt mir von den Schlangen vor den Tankstellen, sein Schwiegervater stellt sich über Nacht an und schläft im Auto. Bleibe nur eine Nacht, der getauschte Hinterreifen und der Benzinkanister bleiben in Tarija. Habe zwar genug Benzin um nach Argentinien zu kommen, frage aber in den Ortschaften nach, wo ich welches kaufen könne – von Tarija bis zur Grenze finde ich nichts mehr?!
Grenzformalitäten in Bermejo. Migration Bolivien einige Minuten. Schalter Argentinien, eine sehr nette Frau, nettes Gespräch, bis sie meint: Da gibt es ein Problem?! Eine Strafe?! Zur Vorgesetzen, die fragt nach meinem Pass, das ist ein – neuer – Zweitpass, der aber volle Gültigkeit hat. Ich weiß nicht, was das Problem ist / sein soll?! Es dauert aber eine geschlagene Stunde. Sie muss ziemlich viel in den Computer tippen und zum Chef wegen der endgültigen Abklärung. Letztendlich entschuldigen sie sich für den Fehler, der bei der Ausreise aus Argentinien in Yacuiba passiert ist / sein soll. Die Bearbeitung der Zollformalitäten für das Motorrad sind schnell erledigt, und ich in Argentinien. Weiter am nächsten Tag in Richtung San Juan, fahre die 1.100 km in einem Stück durch. Komme wieder zurecht zum Abendessen mit Nito und den „Escobar Brüdern“, Damian, …
Bleibe nur zwei Nächte, ein Asado geht sich trotzdem aus! Verringere das Gepäck auf das notwendige. Die Reifen und Softbags der BMW bleiben in San Juan, sie Softbags sind auch leicht ramponiert und zu reparieren. Gerlinde hatte mir von Österreichern aus der Nachbargemeinde erzählt, die vor vielen Jahren nach Argentinien ausgewandert sind. Sie sollen in Quimili eine Farm haben, liegt etwas abseits, aber doch in meine Richtung. Wobei „Richtung“? Ich habe bis jetzt noch immer keinen Plan, sondern fahre einfach drauf los, in Richtung Norden.
Neue Nachrichten aus Bolivien: Es gibt an den Tankstellen überhaupt keinen Treibstoff mehr.
Bin schon an die 10.000km gefahren. Mit Ovidio, BMW Santa Cruz hatte ich vereinbart, das fällige Service bei Honda in Santa Cruz machen zu lassen. Die Besitzer der BMW Vertretung sind auch die Besitzer der Honda Vertretung. Warte noch ab, aber „schaut net guat aus“. Nach Rückfragen bei den Freunden in Bolivien beschließe ich es für die nächste Zeit auszulassen. Service für die Honda bleibt damit offen.
Die Strecke nach Quimili liegt in der Pampa. Schönheitswettbewerb: überschaubar. Frage an einer Baustelle junge Burschen nach der österreichischen Familie, einer kennt sie, setzt sich auf das Motorrad und bringt mich zum Haus. Ich kenne die Österreicher nicht persönlich, aber ihre Kinder. Die habe ich erst wenige Wochen vorher bei einer Kundenveranstaltung, in der Werkstätte für mein Auto, getroffen. Lautstarkes Hundegebell, sie sollen Ruhe geben auf deutsch. Eine Frau kommt zum Gittertor, erzähle ihr wer ich bin und warum ich hier bin. Sie meint ihr Mann sei nicht zu Hause, der sei am Feld und komme erst morgen gegen Mittag zurück. In ihrem Haus schräg gegenüber hat sie einen ihrer Chauffeure untergebracht, da könne ich leider nicht bleiben (Ich hatte sie weder danach gefragt, sondern bereits ein Hotel gebucht und wollte gar keine Unterkunft). Ok, komme morgen Mittag. Ich merke ihre Erleichterung und ziehe wieder ab. Vertreibe mir den nächsten Vormittag in einer netten Cafeteria, sehr nette Leute, nettes Gespräch. Um 12:00 zum Haus der Österreicher, Hundegebell, Frauenstimme, dieses Mal spanisch. Es stellt sich heraus, dass es die Haushälterin ist, sie ist sehr freundlich, redet, erzählt, fragt, … Leider sind die Hausherren am Vormittag weggefahren und kommen erst am Abend wieder?! Ich soll ihr meine Telefonnummer aufschreiben, damit sie mit mir in Kontakt treten können – höre nie etwas von ihnen?!
Finde im Internet in Tucuman zwei Honda Werkstätten, bin nur eine Tagesreise entfernt. Ersuche Nito mich für das Service anzumelden. Bei einer klappt es auch wirklich schnell, ich kann die Honda am Freitagnachmittag bringen und am Samstagvormittag abholen – perfekt! Carlos ist sehr hilfsbereit und ich bekomme die Africa Twin fertig am Samstagvormittag zurück. Da Bolivien ins Wasser fällt möchte ich über Chile nach Peru. Etappenziel Tilcara, danach Paso de Jama. Boxenstopp für eine Mate Pause. Der „leichte“ Ölfilm an der rechten Seite der Honda erregt meine Aufmerksamkeit. Der Deckel für den Ölfilter vom Automatikgetriebe ist undicht! Bin irgendwo auf der Strecke, weit und breit kein Ort. Ich weiß, dass man in so einer Situation am besten nichts anfasst, aber der Schalk sitzt mir im Nacken. Entferne die Abdeckplatte, der O-Ring ist beschädigt. Die Platte wurde verkantet aufgesetzt und dann festgeschraubt, der O-Ring dadurch zerstört. Entferne die Gummifetzen vom O-Ring und schraube die Platte wieder fest. Mit dem Effekt, dass es nun nicht mehr tropft, sondern das Öl waagrecht herausspritzt. Aber wenn mir der Schalk … „Gutes Rat ist teuer“. Hmmm? Erinnere mich an eine Handsalbe die ich vor Jahren in Copiapo gekauft hatte. Finde sie im Gepäck, die Tube ist größer als eine Zahnpastatube. Schnitze mir eine Dichtung, ist zwar kein O-Ring, aber die Platte kann, könnte, vielleicht, … abdichten?! Dauert etwas, wird aber nach meiner Meinung ganz gut. Mit der „Dichtung“ festgeschraubt und? Tropft nur wenig. Der nächste Ort ist eine Stunde Fahrzeit, mache mich auf den Weg. Mit der Zeit tropft es – eigentlich? – weniger?! Denke das ist, weil das Gehäuse heiß wird und sich das Plastik anpasst. Frage an einer Tankstelle bei Rosario de la Frontera wo ich einen O-Ring kaufen kann? Samstag, Nachmittag – gaaanz schlecht. Im Ort gibt es einen Automobil Club, vielleicht kann der helfen. Hatte unterwegs einen kolumbianischen Motorradfahrer überholt, der hat sich im Shop mit Essen eingedeckt, wir kommen ins Gespräch. Aber auch er kann natürlich nichts ausrichten. Verabschiedung, ich ins Zentrum. Der ACA Automobil Club ist an einer Tankstelle. Einer der Tankwarte ist gerade im Begriff ins Auto zu steigen, frage ihn, wo ich einen O-Ring kaufen kann. Viele Fragezeichen bei ihm??? Heute, Samstag, Nachmittag? Ob ich glaube, dass eine Autowerkstatt einen hat – das ist gut möglich. Er beginnt mir zu erklären: Zwei Blocks, rechts, dann links, … stoppe ihn. Er meint ich soll im einfach nachfahren. Bei einer Autowerkstatt zeigt er mir, dass ich hier fragen soll. Handzeichen, weg ist er. Ich zum Mechaniker, etliche Leute, Kunden? stehen herum. Er hört sich meine Geschichte an, meint dass er den O-Ring sehen müsste. Leicht gesagt, ist mit wenigen Handgriffen abmontiert, das Restöl im Filter versiegt vor der Werkstatt in der Straße. Er verschwindet mit dem Deckel samt O-Ring in der Werkstatt, es dauert, … kommt zurück und: Neuer O-Ring am Deckel. Vorsichtig aufgesetzt, die Feder drückt den Deckel immer wieder heraus, halte in fest, damit kann er nicht verkanten. Die beiden Schrauben angezogen, Start, dicht! In wenigen Minuten ist das Problem gelöst. Bezahle ein paar Euro, etliche Späße und weiter in Richtung Chile. Rufe von unterwegs bei einem Hotel in Tilcara an und reserviere ein Zimmer. An der Tankstelle in Tilcara: John, mein kolumbianischer Motorradfreund. Wir fahren gemeinsam zum Hotel, der Eigentümer ist überrascht? Zwei? Er dachte ich komme alleine. Gemeinsames Abendessen und Fahrt über den Jama bis San Pedro de Atacama mit John. Abschied, ich möchte weiter bis Calama, er zwei Tage in San Pedro ausruhen. Über die Panamericana nach Arica – ist jetzt nicht DIE Motorradstrecke, die parallele Route über die Ruta Altiplano an der Grenze Chile Bolivien ist wirklich ein Erlebnis – bin ich auch schon mehrmals gefahren. Ich möchte zu einigen, mir nicht bekannten Gegenden in Peru.
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