Im Hochland von Peru
24.4.2017
Von Copacabana sind es nur wenige Kilometer bis zur Grenze nach Peru, ich wollte vorab einige Dollar in Soles wechseln, Gambio gibt es in den Geschäften, die wenigsten tauschen Soles. Endlich fündig, Tauschgeschäft erledigt. Leider muss ich sagen, dass von den Zwanzigern einer gefälscht war – sie hat ihn einfach unter die anderen drunter gemischt. Ist kein besonderes Thema, das sind gerade Mal 5.- Euro, ich bin bis dato in Bolivien noch nie wirklich unangenehm behandelt worden – wünsche der Frau nichts Gutes! An der Grenze werde ich, nachdem alles klar ist, noch einmal zurückgeholt – irgendetwas stimmt nicht… Das Dokument ist fünf Monate alt, maximal sind 90 Tage zugelassen!??? Ich kläre den Zollbeamten freundlich über die Regeln auf: 180 Tage sind auf Nachfrage möglich, das habe ich sowohl schriftlich auf Papier als auch in seinem Computer – Passt! Peru: Immigration ist lediglich ein Stempel im Reisepass, die Einfuhr des Motorrades ist etwas langwieriger, die erste Frage: Seguro? Die habe ich natürlich, sogar in bester Ausführung. Der Zöllner fragt was sie gekostet hat – 49.- Dollar – er meint das gäbe es in Peru billiger!? Frage mich was das soll??? Vor allem habe ich später recherchiert, sie kostet auch in Peru 50.- Dollar!!! Ich bekomme noch erklärt, dass die Zollstellen in Südamerika vernetzt sind und meine Daten aus Chile, Argentinien, Bolivien bereits in seinem Computer zu sehen sind – das finde ich fortschrittlich! Im nächsten Ort mache ich Halt, möchte ein SIM Karte kaufen – geht nicht für Ausländer. Entlang des Titicacasees Richtung Puno, am Straßenrand liegt Schnee, komme gut voran.
Durch Puno nach Juliaca, neuer Versuch mit der SIM Karte: Im Claro Shop treffe ich auf einen kompetenten Mitarbeiter, als Ausländer kann ich eine SIM Karte nur in Zentralen von Claro nach einer entsprechenden Registrierung kaufen und – eine derartige Zentrale ist gleich um die Ecke. Dort bekomme ich mit Reisepass und Identitätskarte auch tatsächlich eine wieder aufladbare SIM Karte! Ich möchte über die Berge nach Arequipa, die Hauptverbindung finde ich wenig sexy, zweige in Santa Lucia in die Berge ab. Wunderschöne Landschaft, bis auf 4.900 Meter. Weiter die Bergstraße, es wird etwas ausgesetzter, die Schotterstraße ist an vielen Stellen stark ausgespült. Den Abzweiger – 30 Kilometer zur Hauptstraße nehme ich nicht … lieber die 100 Kilometer durch die Berge. Gleich vorweg: Das geht sich nicht gut aus, da komme ich sicher in die Dunkelheit, so ist es dann auch. Als es so richtig finster wird, die Straße noch etwas schlechter wird, leuchtet wieder einmal die rote Lampe: Patschen im Hinterreifen, zuerst geht der Druck ganz langsam raus, dann immer schneller, nach fünf Minuten ist er dann endgültig bei Null. Kompressor raus, so viel Luft ich reinpumpe, so viel Luft geht raus und das ganz schnell. Zum Glück ist Vollmond, es ist nicht stockdunkel. Werkzeug raus, Koffer runter, Rad abmontiert, das geht eigentlich schon mit verbundenen Augen und flott. Der Reifen ist irreparabel, auf einer handgroßen Fläche strömt die Luft aus dem Reifen, ich kann kein Loch sehen, spüre nur den Luftzug. Reifen von der Felge – Seitenständermethode, viel WD40, kurz: Nachdem das Bike beim Drücken mit dem Seitenständer gegen den Reifen nach vorne kippt, der Mittelständer einklappt, liegt die BMW schon auf der Seite. Merke: Mittelständer mit einem Zurrgurt gegen Einklappen sichern!!! Nächste Versuche, … und: Der Reifen löst sich von der Nase!!! Ich habe schließlich ZWEI Ersatzreifen mit. Vom Berg sehe ich Licht, ein Auto kommt vorbei, fünf junge Burschen. Sie sind zuerst nicht sonderlich willig, aber nach einigen Erklärungen steigen sie doch aus und sind bereit zu helfen. Zuerst Licht, im Abblendlicht ist es schon viel besser zu arbeiten. Mit dem Montiereisen den Reifen von der Felge. Ich möchte nicht das Ventil mit dem Sensor ausbauen und beschließe den Reifen schlauchlos zu montieren – ein Fehler: Mit dem Kompresser bekomme ich nicht so viel Luft rein, dass sich der Reifen auf die Nase drückt, auch mit den Druckluftkapseln geht es nicht … Montiereisen her, wieder von vorne. Schlauchlosventil abgeschraubt, Schlauch rein, Reifen wieder mit Montiereisen drauf, Kompressor dran, aufpumpen. Nach zwei Stunden ist das Rad montiert, das Werkzeug verpackt, die Koffer angehängt. Die Runde Bier für die Fünf spende ich gerne, es waren die Einzigen die während der ganzen Zeit vorbei gekommen sind, auch tagsüber habe ich sonst kein Fahrzeug getroffen … ohne Licht und die Mithilfe hätte ich mir die Nacht am Berg um die Ohren geschlagen. Bis Arequipa ist es dann noch eine Stunde, nächstbestes Hostal – 30 Soles = 9.- Euro. Der Quartiergeber weist mich darauf hin, dass ich keinen Augenblick irgendwelche wegnehmbare Dinge auf dem Motorrad lassen soll, selbst in seinem abgesperrten Bereich – mit Stacheldraht – sei es nicht sicher. Das Hostal kann man nur über eine Gittertür betreten, diese wird auch für Sekunden jederzeit versperrt – es ist sehr gefährlich in Arequipa!!! Das ist mein erster Eindruck von Peru. Gute Nacht!
Zwischen Sucre und Cochabamba hatte ich vor zwei Wochen Tommy getroffen – WhatsApp: Er ist keine zwei Kilometer entfernt in einem Hostal, am nächsten Morgen treffen wir uns zum Frühstück, gemeinsam fahren wir nach Chivay und weiter in den Colca Canyon nach Cabanaconde. Hostal in Chivay: 40 Soles, 12.- Euro. Am Abend kommt die verdutzte Rezeptionistin und erklärt mir, dass ein Zwanziger gefälscht sei – so viel zum Geldwechsel in Bolivien. Tommy möchte weiter nach Cusco, ich nach Cotahuasi, wir trennen uns auf der Strecke. Einige 4.900er folgen, teilweise mieser ¨Eselsteig¨. Nächtigung in Orcopampa. Ähnliche Bedingungen bis Cotahuasi, kurz vor Cotahuasi wie aus dem Nichts eine wunderbare und eindrucksvolle Asphaltstraße, das läuft wie geschmiert. Fünf Kehren vor der Stadt werde ich von einer Straßenarbeiterin angehalten: Ein Bergrutsch, die Straße ist für die nächsten drei Stunden gesperrt – es sieht wirklich arg aus, der Hang hat über zwei Kehren die Straße weggerissen. Das Wetter ist gut, Habanos – alles ok. Nach vier Stunden haben die Cats die Fahrbahn so hergerichtet, dass man drüber kommt. Nächtigung in Cotahuasi. Der Canyon Cotahuasi wird als besondere Attraktion beschrieben, Vergleiche mit dem Grand Canyon werden bemüht. Ich kann keine Gemeinsamkeiten mit dem Grand Canyon erkennen, mir gefällt es aber außerordentlich gut, viele Wasserfurten, abgelegene Pueblos, anspruchsvolle Strecke, steil, steinig, ausgewaschen. Bisher habe ich noch wenig über Stürze berichtet, ich zähle die Tage an denen ich nicht gestürzt bin – und das sind sehr wenige. Viel öfter passiert es mir mehrmals täglich, so auch im Canyon Cotahuasi. Mittlerweile stemme ich das Bike samt Koffer und Reifen ohne größere Probleme hoch. Die Berge gehen immer wieder auf 4.900 Meter, bei einem Steilstück, tiefer Schotter, drehe ich trotz Wegweiser um und nehme die andere Abzweigung, manchmal frage ich mich wie ich auf solche Gedanken komme??? Die Strecke wird sehr bald steiler, dieses Mal nach unten und … tiefer Gatsch! Zumindest eine Entscheidung ist mir damit bereits abgenommen: Hoch komme ich da nicht mehr. Ein 4×4 überholt mich, ich halte ihn an, ¨Ich möchte nach Izahuaca¨ , das passt, aber ich muss einen Fluss überqueren, der Fahrer zeigt hüfttief ???!!! Es gibt aber auch eine Ponte? Warum nicht gleich? Gemeinsam über ziemlich unwegsames Gelände weiter, bis der 4×4 anhält: „Da ist der Fluss, da ist die Brücke.“ Eine Fußgängerbrücke, Breite geht sich aus, der Zugang liegt viel tiefer und ist nur ein Fußsteig, eng steil, eckig. In einem Punkt hatten sie noch Recht, der Fluss ist sicher hüfttief, schätze noch tiefer. No step back! Ich hantle mich den Fußsteig runter, überlege nicht wie weit ich bin oder wie weit es noch ist, einfach nur bis zur nächsten Stelle, weiter. Was ich mir nicht gedacht hätte, ich erreiche die Brücke wirklich. Das nächste ist ein Klacks in wenigen Sekunden bin ich drüber. Danach schaut es wieder nicht so gut aus, es ist nun ein Kilometer bis zum wirkliche Ufer und bis dorthin gibt es keinen Weg, überall kleinere Bäche, glitschiges Terrain. Einfach wie bisher: Next step, nicht überlegen was dann kommt. Im Zick-Zack Kurs bewege ich mich in Richtung Ufer, dort soll ja die Straße weitergehen. Bis 100 Meter vor dem Weg komme ich recht gut durch, dann eine tiefere Stelle, Wasser, glitschig, ich stecke fest. Koffer abmontiert, geht trotzdem nicht. Nach einigen Versuchen sehe ich in einem Kilometer Entfernung ein Haus und das sich dort etwas bewegt. Ich gehe rüber, treffe einen jungen Burschen, er hilft mir die BMW wieder flott zu bekommen, gemeinsam suchen wir einen Weg bis zur Straße, das heißt bis unterhalb der Straße, diese liegt etliche Meter höher. Wir finden eine Passage, bei der ich seitlich den Hang anschneiden kann und so auf die Schotterstraße komme. Diese ist eigentlich keine Straße, sondern für Zweiräder einspurig ausgelegt. Letztendlich komme ich ins nächste Pueblo und auf eine richtige Schotterstraße und in ein Minengebiet, die Straße ist gut ausgebaut und ich komme schnell voran. Noch einige 4.900er, dann erreiche ich Izahuaca. Vier Gallonen vom Feinen in den Tank … im Obstgeschäft! und ich bin auf der Hauptverbindung Richtung Cusco. Nächtigung auf der Strecke, bin ziemlich geschlaucht.
Vorbei an Abancay bis Andalhuasy, sehr nettes Hotel. Eigentlich wollte ich schon weiter und war bereits außerhalb des Ortes, da ist mir beim Fotografieren das Profil am Vorderrad ins Auge gestochen, eigentlich das fehlende Profil. Die Offroad-Reifen sind durch das ständige Kurvenfahren an den Flanken so abgenützt, dass es mehr als bedenklich erscheint. In der Vulcanisacion beschließe ich gleich beide Reifen zu wechseln. Ich möchte den Reifen hinten auch wieder schlauchlos montieren, da ist eine Reifenreparatur mit den Streifen recht einfach, sonst muss in jedem Fall der Schlauch ausgebaut und geflickt werden. Beim Einsetzen des Ventils mit dem Sensor geht die Mutter endgültig kaputt, sie ist aus Alu!!! Neues Schlauchlosventil – Letztendlich bin ich mit zwei neuen Reifen ausgestattet, der Vorderreifen hatte noch eine Restdicke von etwa einem Millimeter … No comment! Über Ayacucho nach Huancayo, auf dem Weg treffe ich drei Biker, Peruaner aus Lima. Einer fährt das gleiche Bike wie ich, sogar die gleiche Farbe. Ich frage, wo ich Reifen und Ersatzteile kaufen kann, der Tipp: Es gibt Touratech in Lima! Nächstes mittelfristiges Ziel: Lima. Von Huancayo über die Carraterra Central nach Lima – ein Spießrutenlauf. LKW im Kolonnenverkehr, LKW überholen untereinander über mehrere uneinsichtige Kurven, solche kommen auch entgegen.
In Lima habe ich ein Appartement mit drei Schlafzimmer gebucht, endlich Platz und Ruhe. Zuerst versuche ich es bei BMW direkt, bei der Einfahrt frage ich wo Motos sind – hier nicht! Falscher BMW – die haben nur Autos, der mit den Motorrädern ist der ¨Gildemeister¨. Bei Gildemeister: Hier ist nur Verkauf, Werkstätte ist zehn Kilometer entfernt. Wer schon jemals durch Lima gefahren ist weiß, dass damit der ganze Vormittag nur mit Stadtfahrten vergangen ist, jetzt möchte ich doch gleich zu Touratech. Das Navi findet sicher hin, Läuten, eine junge Frau öffnet, fragt was ich will, schließt das Tor wieder, kommt nach zwei Minuten zurück und öffnet das Einfahrtstor, endlich drinnen bei Touratech in Peru. Von da an ging alles ganz easy. Reifensensor wieder hergerichtet, montiert, Checks, neue Reifen gekauft – die gab´s dann schon um 340.- Dollar, statt um 800.- in La Paz. In vier Wochen treffe ich Sigrid in Lima, dann hole ich sie mir ab. Am Abend treffe ich Marco, mit ihm hatte ich vor sieben Jahren eine Schulung in der Schweiz, jetzt ist er mit Familie seit zwei Jahren als Finanzchef in Lima – wir verbringen einen sehr netten Abend in seine Wohnung in Miraflores. Mittagessen an der Strandpromenade, DAS Mittagessen in Peru: Ceviche = Roher Fisch mit einem Stück Mais und Süßkartoffel. Gewöhnungsbedürftig, aber ich hab´s gegessen, am nächsten Tag hatte ich mächtig Durchfall …
0 Kommentare zu “Peru Highlands”