Brasilien: Amazonas & Legenden

20.10.2023

Von Guayarmerin nach Guajara-Mirin

Die erste Fähre über den Rio Marmore, mit auf der Fähre – ein riesigen Tankzug. Migracion ist einfach, dauert nur etwas. Bei meinen letzten Grenzübertritten war das Thema „Zoll“ und temporäres Permit für die BMW in Brasilien immer wieder ein langwieriges Thema. Ich musste online ein Formular ausfüllen – auf Portugiesisch! Eine Obsthändlerin hatte mir einmal auf ihrem Computer geholfen. Frage mich durch bei der Migracion, die schicken mich weiter zum Zoll, der meint nur, dass nichts mehr nötig ist, das Motorrad wird lediglich bei der Migracion ins System eingetragen. Ich habe derartiges schon im Internet gelesen, unsicher bin ich mir trotzdem.

Der LKW Fahrer, der mit mir auf der Fähre war, hilft mir immer wieder weiter. Treffe ihn wieder beim Wegfahren, frage wo ich eine SIM Karte kaufen kann. Er meint im Ort gibt es Geschäfte. Suche mich durch und werde immer wieder an andere Geschäfte verwiesen. Letztendlich treffe ich den Fahrer wieder in einem Handyshop, die haben auch SIM-Karten. Auch hier: Die Anmeldung eines Ausländers ist eine Tortur, die Verkäuferin meldet die Karte mit ihrem Namen, Nummer an. Zahlen ist in Brasilien fast überall mit Kreditkarte möglich, selbst kleinste Beträge werden damit bezahlt. Bis Porto Velho bestens ausgebaut Straße.
Der Rezeptionist im Hotel Ecos Classic hilft mir beim Reservieren einer Unterkunft in Realidade, auf der Strecke nach Manaus, das geht hier nur mit dem Zahlungssystem „Pix“?! … und das habe ich nicht.
Heuer ist nach etlichen Jahren wieder das Phänomen El Nino. Das heißt wenig Niederschläge in Südamerika – Ganz schlecht für die Regionen, aber für mich ein gewaltiger Vorteil.

Legendäre BR-319 nach Manaus

Viele Geschichten ranken sich um diese Strecke. Komme gut und schnell voran, die Naturstraße geht mit 120kmh.

Volltanken in Realidade, die nächste Tankstelle ist nach 475 Kilometern. Google spricht von „dreizehn Stunden“ Fahrt nach Manaus. Früh raus. Das Pärchen neben mir hat sich um 4 Uhr heftig ausgetobt und mich aufgeweckt, war noch dazu eine längere Session. Die Straße ist etwas schlechter als der erste Teil, aber komme auch hier gut weiter. Die unzähligen Straßenbauarbeiten machen die Strecke zu einer echten Herausforderung. Bin trotzdem schnell unterwegs und schon sehr optimistisch, längere Mate Pause, Fotos, …

Die Fährstrecke in Igapo Acu wird zum Game Changer. Durch das Niederwasser sind es lediglich einige wenige Meter die man mit der Fähre zurücklegt. Ich versäume um wenige Minuten die Letzte vor der Mittagspause – eine Stunde warten. Währenddessen wird es von Norden her etwas dunkler, dann ganz dunkel, Blitze. Als ich mit der Fähre übersetze beginnt der Regen. Regen + roter Sand + Zweirad = Unfahrbar. Ein Brasilianer mit Motorrad fragt, ob es mein Bike unter der Schmierseife nicht wegzieht? Die Frage hat mir gerade noch gefehlt! Übrigens, bei seiner Yamaha fehlt die Vorderbremse. Die nächsten hundert Kilometer sind die Höchststrafe, Hinfallen an der Tagesordnung. Stürze mich einfach immer weiter, brauche ewig, bis ich bei Kilometer 198 der BR-319 die asphaltierte Straße erreiche. Tankstelle in Careiro. Bis zur Fähre sind es nur noch 100 Kilometer. Die gehen ganz schnell. Auch die Fähre ist kurz darauf an der Anlagestelle, lediglich das Beladen dauert über eine Stunde. Komme spät in meinem gebuchten Apartment in Manaus an – sehr nachdenklich.
Manaus, die Stadt im Zentrum des Amazonas. Kurzfristig war Manaus die reichste Stadt in Südamerika, der Kautschukboom hat das seine dazu getan. Das Teatro Amazonas ist Zeitzeuge. Kurz vor 1900 von europäischen Architekten erbaut war es gerade einmal zehn Jahre in Betrieb. Der Verfall des Kautschukpreises hatte die Schließung des Opernhauses zur Folge. 1990, über 80 Jahre nach der Schließung, wurde es nach aufwändigen Renovierungen wieder eröffnet, Placido Domingo trat bei der Wiedereröffnung auf. Fahre zum Opernhaus, Montag, geschlossen. Am Dienstag ist es dann so weit.

Seit geraumer Zeit wird bei der BMW ein Service angezeigt. Nütze die Zeit, suche und finde BMW in Manaus. Wie überall verlässt man beim Betreten eines BMW–Gebäudes das jeweilige Land und betritt BMW-Land. Die Angestellten, ihr Verhalten, Posen, die ausgestellten Autos. Zb. ein sehr tief gelegter BMW, ich frage mich, wo um alles in der Welt kann und will man damit in Manaus und Umgebung fahren? Die Straßen brauchen ein einen 4WD, noch besser ein Raupenfahrzeug. Mit Deutsch, Englisch, Spanisch kommst in Brasilien nicht wirklich weit. Obwohl die Rezeptionistin sehr gut Englisch spricht – hat sie sich selber aus dem Fernsehen angeeignet. Auch die Leiterin des Ersatzeilverkaufs hat Englisch–Kenntnisse. Bekomme nach aufwändiger Kontrolle des Führerscheins, des Passes, Fotokopien, … fünf Liter Öl und einen Ölfilter in einer Papiertasche überreicht, gemeinsam zur Kassa. Ich frage: „Alles schön und gut, aber ich möchte das Öl getauscht!“ Zuerst etwas Unverständnis, danach aber kommt die Erleuchtung – auf zur Serviceleiterin. Lange Diskussionen später: Ok, können wir machen. Wann? Wieder Konsultationen. Nach dem Mittagessen um ein Uhr. Ok! Viele neuerliche Checks meines Führerscheines, Reisepasses später: Ok, kann getauscht werden, es wird aber fünf Stunden dauern, oder am Freitag, weil morgen Dienstag ist Feiertag?! Passt! Ich möchte noch in die Stadt fahren, etwas Sightseeing, Essen, … das geht nicht!? Längere Diskussion. Am Ende verspreche ich um 14:00 zurück zu sein, dann geht das.

Öl und Filter werden getauscht, die notwendigen Checks durchgeführt. Es gibt ein Problem. Die Bremsbeläge sind abgenützt und zu erneuern. Welche? Vorne, Hinten oder beide Seiten? Längere Suche, Konsultationen mit dem Mechaniker -> Hinten. Bremsbeläge ist eines der Ersatzteile, die in jedem Fall in das Reisegepäck müssen, habe ich mit. Schon gut, aber tauschen können sie sie nur, wenn ich die Beläge bei ihnen kaufe!? Alles gut, die tausche ich schon selber. Wieder längere Konsultationen der BMW Leute untereinander – ok. Jetzt noch die überfällige Wäsche und die 1250er strahlt wieder wie neu, oder fast wie neu.

Verabschiede mich von den neuen Bekannten bei BMW in Manaus und bin erleichtert, dass ich unversehrt aus dem Ganzen herausgekommen bin. Die hinteren Bremsbeläge tausche ich im Apartment, sind schon fällig.

Die letzten Tage wurde ich immer nachdenklicher, was die weitere Reiseroute betrifft. Die Idee, die drei Länder im Nordosten Südamerikas – Suriname, … – zu bereisen übt auf mich keine wirklich Faszination aus. Lange gerade Strecken: Von Manaus nach Boa Vista 700 Kilometer, geradeaus, asphaltiert, danach Erdstraße, einige hundert Kilometer nach Georgetown. Formale Hürden – Gelbfieberimpfung, Versicherungen zu teils horrenden Kosten – wenig / keine Abwechslung in der Landschaft. Und nur, dass ich diese Länder auf einer „Pocket list“ habe, darüber bin ich schon lange hinaus. Zurück nach Porto Velho und danach die Transamazonica, eine denkbare Variante. Oder mit der Fähre über den Amazonas die halbe Strecke in Richtung Belen, nach Santarem, danach die Transamazonica. Diese Variante gefällt mir am Besten, habe die BR-319 das erste Mal gemacht, muss nicht unbedingt zweimal in einer Woche sein.

Immer wieder fällt mir der Sketch über
„Fremdsprachenkenntnisse eines Polizisten in Österreich“
ein. Spreche die Leute in vier verschiedenen Sprachen an – große Augen. Die werden sich sicher denken: „Wozu Sprachen lernen, der kann vier Fremdsprachen und kann sich auch nicht verständigen. Portugiesisch ist schließlich eine Weltsprache“.

Buntes Treiben am Hafen, schau mich ein wenig um, Leute bieten mir ihre falschen Uhren, Bänder, … an. Frage nach einem Ticket. Einige Augenblicke später steht eine kleine, gut gebaute Dame (Typ „Zreisser“) mit Block vor mir!? Wir verständigen uns darauf, dass ich mit der Fähre nach Santarem möchte. Kabine oder Hängematte? Kabine bevorzugt. Sie meint das bessere Schiff geht am Donnerstag und beginnt zu telefonieren. Zuerst die Kabine: Passt. Beim Motorrad ist nur der Hubraum wichtig, von dem berechnet sich der Fährpreis. Habe ich schon vorher in einigen Blogs gelesen, versteht zwar niemand warum, ist aber auch nicht zu hinterfragen. Passt. Summa Summarum 1.400 Real (ca.300.-€). Passt. Name, Geburtsdaten, Kennzeichen in den Block. Wann soll ich wo sein? Einen Tag vorher soll ich das Motorrad zur Verladung bringen. Die Fähre geht am Donnerstag Mittags. Wir stehen noch immer mitten am Gehsteig vor dem Hafengebäude. Bezahlung: Mit Kreditkarte?! Sie hat eine kleines Handgerät mit, wir versuchen zuerst mit einem Real, ob die Kreditkarte akzeptiert wird – und es funktioniert. Bezahle den Betrag über ihr Handgerät und bin überrascht wie gut ich mich auf Portugiesisch verständlich machen kann.
Bei der Einreise nach Brasilien habe ich 30 Tage für den Aufenthalt in Brasilien im Reisepass eingetragen bekommen, in den Bestimmungen sind maximal 90 Tage vorgesehen. Weil ich nicht in Richtung Guyana ausreisen möchte, könnte das knapp werden. Suche die Policia Federal in Manaus auf. Frage nach einer Verlängerung – die Antwort: Das ist aber noch lange bis zum Ablauf, ich soll das später wo anders machen. Bleibe dran und ersuche trotzdem um Verlängerung, der Polizist verschwindet in der Hintertür, als er zurückkommt meint er, dass es geht. Ok, na dann. Aber erst in einer Stunde, jetzt beginnt die Mittagspause. Bin nach der Mittagspause wieder da. Er zückt ein Formular auf dem steht, das die Verlängerung 104,39 Real kostet!? Ok, bezahle ich. Das geht nicht, ich muss das auf einer Website einzahlen – er zeigt mir den Link auf dem Formular. Ich gebe ihm mein Handy und ersuche ihn die Website für mich zu öffnen – schafft er nicht, ist ja auch alles in Portugiesisch, versteht er wahrscheinlich auch nicht. Weiß nicht was er weiter tun möchte, er meint nur lapidar, dass es nach der Einzahlung ohnehin erst morgen möglich ist den Eintrag zu machen?! Bleibe freundlich und verabschiede mich – die Gedanken sind frei.

Das Verladen des Motorrades geht relativ einfach und schnell. Die Verlader wollen von mir 50.- Real als Trinkgeld. Die Abfahrt ist erst am nächsten Tag, die BMW bleibt über Nacht im Hafen auf dem Schiff. Da ist ein gewisser Druck sie freundlich zu stimmen.
Checke am nächsten Tag ein, Kabine, klimatisiert. Vorweg: Eine gute Entscheidung. Bin vor Jahren eine Woche erlebnistechnisch in einer Hängematte auf einem Frachtschiff herumgehangen –> „Wenn es sich vermeiden lässt …“

Buntes Treiben auf dem Schiff, im Frachtraum, neben den Tonnen von Zwiebeln -> Ein Ferrari?!
Die Hängemattenhaken sind gut gefüllt. Vertreibe mir die Zeit mit fotografieren, Bilder sichern, Berichte für die Website, …
El Nino ist übriges nicht zu übersehen, zu wenig Regenfälle und der Amazonas ist circa 15 Meter unter dem üblichen Wasserniveau.

5 Kommentare zu “Brasilien: Amazonas & Legenden

  1. Hallo lieber Toni! Wieder ein großartiger Bericht, das mit der Trockenheit habe ich schon gelesen dürfte so wie das ganze Weltklima doch sehr dramatisch sein. Wir wünschen dir noch gute Fahrt und alles Gute Stefan und Michi

    • Anton Marschall

      Hola Stefan,
      Für mich war es ein Segen. Die BR-319 nach Manaus willst nicht bei Regen fahren,
      Liebe Grüße, Toni

  2. Toller Beitrag Du Fremdsprachen-Genie 😉.

    Respekt für die BR319 und weiterhin buenas rutas.

    • Anton Marschall

      Hola mi querido amigo.
      Gracias. Siempre necesito los deseos de un buen viaje.
      Me hace gracia lo de las “lenguas extranjeras”, y no sólo en Sudamérica.. 😉

      Hallo mein lieber Freund.
      Vielen Dank. Die Wünsche mit der guten Fahrt brauche ich immer wieder.
      Das mit den „Fremdsprachen“ erheitert mich nicht nur in Südamerika. 😂

      • Rita & Thomas

        Das mit den Fremdsprachen können wir uns nicht nur vorstellen – wir erleben es ebenfalls regelmäßig 🤣

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