Bolivien – Neue Ideen

10.10.2023

La Quiaca, Grenze zu Bolivien.

Im Februar vor einem Jahr, kurz nach Wiederöffnung nach der Pandemie, hatte ich über fünf Stunden für die Zollabwicklung gebraucht. Und gleich vorab: Es ist auch dieses Mal keine einfache Angelegenheit. Migracion Argentinien: Geht ziemlich schnell, danach Migracion Bolivien, der Schalter ist unbesetzt. Ich sei schon richtig, muss warten. Ein Peruaner spricht mich an, er meint auf der bolivianischen Seite gibt es noch einen Schalter, so ist es dann auch. Bekomme in einigen wenigen Minuten meinen Einreisevermerk auf einem Laufzettel gestempelt. Weiter zur Aduana Argentinien – Motorrad Ausreise. Eine sehr nette Zöllnerin, und ganz genau. Nach minutenlangem „Studium“ meines „Temporären Permits“ und des Zulassungsscheines fragt sie nach der Fahrzeugnummer, zeige ihr die Nummer. Das ist nicht die, die im Permit steht. Langsam dämmerts. Am Cristo Redentor hat mir der gut deutsch sprechende Zöllner das Permit ausgestellt. Ich habe zwar das gleiche Kennzeichen, aber ein anderes Motorrad. Im System ist aber noch immer die alte BMW, die wird ganz automatisch übernommen. Habe jetzt doch einige Bedenken. Die Zöllnerin fragt, woher ich komme: Österreich, Wien. Da ist eine Schranke gebrochen, sie ist eine Liebhaberin von Gustav Klimt, war erst vor einigen Jahren in Wien, Belvedere, Museen in New York. Und möchte unbedingt wieder nach Österreich. Sie verspricht mir bei meinem Problem zu helfen. Ich kenne Freunde in Argentinien, die auf diese Art ihr Motorrad verloren haben, weil die Nummern in den Einreisedokumenten falsch eingetragen wurden und seit Jahren dafür keine Lösung gefunden wurde. Maria, wie die begeisterte Klimt-Verehrerin heißt, löst das Problem in fünfzehn Minuten. Bin entsprechend erleichtert. Verspreche beim nächsten Mal das Permit vor der Unterschrift genau durchzulesen. Aduana Bolivien. Zuerst mit QR-Code die Website des Zolls öffnen, die persönlichen Daten eintragen, darauf erhält man einen QR-Code für den Zöllner. Obwohl alles elektronisch abläuft wird nach wie vor alles auf  Papier ausgedruckt, in dreifacher Ausfertigung. Achte genau darauf, dass das richte Motorrad eingetragen wird. Natürlich war auch hier das alte, im System bereits vermerkte Bike. Auch wenn es nicht ganz einfach gelaufen ist, nach einer Stunde bin ich durch.

Geldabheben beim Bankomat – einfach in Bolivien. SIM Karte im Shop. Die Anmeldung erfolgt wieder auf die Verkäuferin. Geht alles einfach und schnell. Über die Berge nach Tarija. Willkommensfreude bei mir und den Dekeysers! Treffe Esparanza, Matteo, Nicolas, Martin, Maira und Frederic in ihrem Hotel La Pasarela. Auf meinen Streifzügen durch die Stadt finde ich ein Motorradgeschäft, sie haben einen passenden Hinterreifen. Nicht dass ich dringend eine brauchen würde, aber so häufig sind die auch nicht zu bekommen, brasilianisches Produkt „Stroker“, um ganze 80 €. Möchte über Villamonates nach Santa Cruz de la Sierra. Bei der Fahrt durch die Stadt kommt – wieder einmal – die rote Anzeige: Reifendruck hinten. Frage einen Motorradfahrer neben mir wo es eine Gomeria gibt, er führt mich zu einem Reifenschuster. Der meint, zuerst muss ich zu einem Mechaniker, er kann das Rad nicht ausbauen -> das ist kein Problem, dauert einige Minuten. Der Reifenschaden ist schnell entdeckt, eine riesiger Schraube hat sich reingebohrt. Der Reifenschuster kämpft ihn heraus zu bekommen. Ein Fleck an der Innenseite und es geht weiter. Die Straße von Tarija nach Villamontes bin ich noch vor Jahren gefahren, für die 130 Kilometer habe ich damals fünf Stunden gebraucht, heute ist sie fast auf der gesamten Länge asphaltiert. Frederic hat mir ein Hotel reserviert, zuerst möchte ich aber Tanken. Fahre einige Tankstellen an, keine gibt mir Benzin: Das System ist nicht für Ausländer geeignet. Selbst wenn andere Autofahrer ihren Berechtigungsschein für mich vorzeigen gibt’s nichts: Überall Kameras installiert. Fahre gegenüber zu einer Motorradwerkstätte und überzeuge den Mechaniker mir Benzin mit einem Kanister zu holen, und nicht einmal das ist einfach! Er bekommt ohne den Schein auch keinen Benzin und muss aus dem Ort seinen Berechtigungsschein holen – ich gebe ihm dazu mein Motorrad, was ihm große Freude bereitet. Das Hotel ist sehr nett, bekomme einen Freundschaftspreis und das „Penthouse“. Im Hotel treffe ich eine Gruppe Motorradfahrer aus Paraguay, auf dem Weg nach Uyuni. Sie zeigen mir Videos und Fotos von ihrer letzten Ausfahrt: Von Fiambala über Chuquisaca nach El Penon – eine Strecke, die ich mich bisher nicht getraut habe und allein kaum gemacht werden kann – Chapeau!

Die Fahrt nach Santa Cruz ist recht easy, durchgehend guter Asphalt. Halte immer wieder in den kleinen Orten und kaufe an verschiedenen Geschäften Benzin – Der Preis an der Tankstell ist für Inländer 3,9 Bolivianos, für Ausländer 9,2 Bolivianos = 1,3 €. In den Geschäften kostet der Liter zwischen 5 und 6 Bolivianos = Billiger und einfacher. AirBnB in Santa Cruz, zentral gelegen, versperrter Parkplatz, Waschmaschine. Bleibe einige Tage, treffe Gerhard, sehr nette Gespräche, gutes Essen. Weil ich daran vorbeifahre: Vorderreifen. Dieses Mal Metzeler, sehr gute Qualität, kostet auch seinen Preis. In den letzten Tagen hat sich die Idee in mir verfestigt nach Manaus, Guyana, Suriname und Französisch-Guayana zu fahren. Der Zeitpunkt ist günstig wie noch nie. El Nino hat zu einer Trockenperiode im Amazonas geführt. Der Wetterbericht verspricht keine Regenfälle in den nächsten Tagen, Wochen. Abschied von Gerhard, in einem durch nach Trinidad. Immer wieder „Tankstopps“ entlang des Weges. Hotel Colonial in Trinidad, war ich schon einige Male, auch heute haben sie Zimmer frei. Am Morgen: Der Hinterreifen hat zu wenig Luft. Er ist auch schon unter das Profil abgefahren, also nicht die Mindestprofiltiefe, unter das Profil. Suche eine Gomeria in der Nähe, neuen Reifen aufziehen und auf nach San Joaquin Beni. Die nächsten Tage werden Fahrten ins tiefe Beni, Regenwald und Dirt road.
20 Kilometer außerhalb von Trinidad: Rote Lampe -> Reifendruck hinten. Zurück nach Trinidad. Check bei einer Gomeria: alles ok, Luft eingepumpt, wieder in Richtung San Joaquin. 20 Kilometer außerhalb von Trinidad, …. Der Reifenschuster von vorhin weiß nicht weiter und bringt mich zu einer Honda- Werkstätte – erinnere mich: Da war ich schon vor vielen Jahren. Sie suchen nach einer undichten Stelle, finden nichts, wieder in Richtung San Joaquin. 20 Kilometer … zurück in Trinidad,

Es ist schon zu spät noch einmal loszufahren, ins Hotel Colonial. Frage mich durch nach einer guten Werkstätte und bekomme einen Tipp: POZO. Fernando ist wirklich ein ausgezeichneter Mechaniker. Egal was kommt, ich möchte einen neuen Reifen, auch wenn der Hinterreifen erst ganz wenige Kilometer drauf hat. Leider findet er keinen auf Lager, aber: Bis morgen 10:00 kann er einen aus Santa Cruz besorgen. Pirelli. Nicht ganz billig, aber ein sehr guter Reifen, und prompt wäre es auch! Trotzdem möchte ich den montierten Reifen irgendwie nutzen, schlage ihm vor einen Schlauch reinzugeben, vielleicht hält der dann?! Er hat einen extra dicken Schlauch für mich, einer seiner Mechaniker begleitet mich zur „besten Gomeria“ in Trinidad. Der Reifenschuster ist wirklich einer von der guten Sorte. Er zieht den Reifen ab und findet auf Anhieb einen Riss im Profil. Ich werde später mehrere dieser Risse finden, sind Produktionsfehler! Mit dem Schlauch ist aber das Problem erledigt. Bekomme am nächsten Tag wie versprochen den neuen Pirelli und mach mich – wieder einmal – auf den Weg nach … San Joaquin Beni. Bei meiner letzten Fahrt vor einem Jahr hatte es heftig geregnet und der rote Sand verwandelte sich in Schmierseife – war eine abenteuerliche Fahrt: Lange, anstrengend, viele Stürze inkludiert. Damals war noch dazu der Rahmen gerissen (siehe dazu Bolivien: Hoch- und Tiefland)

Alles trocken, komme dieses Mal schnell voran, im Hostal Yuliana finde ich wieder eine Unterkunft. Der Weg nach Guayaramerin ist gute Erdstraße, die Fährstrecke bei Puerto Siles eine schöne Abwechslung. An der Anlegestelle gibt’s zum Frühstück Schweinskotelett mit fritierten Bananen und Reis – die kleinen Schweine laufen frei zwischen den Tischen herum. Das Kotelett selber ist  ganz frisch, so zu sagen. Die Portion um 2,20 €.
Migracion in Guayaramerin, Aduana um die Ecke – wieder ganz schnelle Abwicklung. Die Stadt ist von Guajara-Mirim in Brasilien durch den Rio Marmore getrennt. Es gibt – noch – keine Brücke, wurde heuer als Infrastruktur-Projekt zwischen Bolivien und Brasilien vereinbart. Fähren setzen die Fahrzeuge über. Nur heute nicht mehr, ein Sturm ist aufgekommen und der Fährbetrieb wurde eingestellt. Beziehe ein Hotel in der Nähe, ehe ein heftiges Gewitter losbricht.
Mit der erste Fähre, und einem riesigen Tankzug, über den Rio Marmore nach Brasilien.

8 Kommentare zu “Bolivien – Neue Ideen

  1. Hallo lieber Toni !
    Jetzt kannst du bald ein Buch schreiben…
    Danke auch wieder für diesen spannenden Bericht der natürlich wie
    immer Reisefieber bei mir auslöst
    Weiter gute Fahrt und alles Gute
    Stefan und Michi

    • Anton Marschall

      Buenos tardes, wie man auf Spanisch sagt.
      Obwohl, bin in Brasilien und kann mich Null verständigen!
      Freue mich, wenn es in Dir etwas Fernweh auslöst.
      Liebe Grüße
      Toni

  2. Hallo Toni
    Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Leute ihr Motorrad wegen falscher Papiere verloren haben. Ich hatte an jeder Grenze leicht Probleme, weil das Bike nicht in ihrem System war. Bei der Anmeldung in Chile war irgendetwas falsch gelaufen und bei der Rückkehr nach Chile sagten die Zöllner, eigentlich dürfte ich damit überhaupt nicht fahren. Aber irgendwie war das auch allen egal. Dann hatte ich keine Fahrerlaubnis, nur ein Foto davon in einer Cloud. Das habe ich runtergeladen, ausgedruckt und laminiert. Hat prima geklappt. Und zu guter Letzt habe ich noch mein Nummernschild bei La Paz verloren. Also habe ich mir selbst ein neues gebaut. Und auch das hat niemand beanstandet. Alles super in Südamerika.

    • Anton Marschall

      Hola Bernd,
      Freue mich wieder von Dir zu lesen!
      Hoffe es geht Dir gut?! Reisen?
      Fall 1: Peru November2022
      Fernado hatte das Permit um zwei Monate überzogen, war sich so sicher, dass es einfach wird. Ich war sicher, dass es nicht gut gehen wird, kenne die Bürokratie in Peru. Wir hätten einfach über Puerto Maldonado bei Inipari nach Brasilien ausreisen können. Ist eine geteilte Stadt, man kann sich 50 km über der jeweilgen Grenze ohne Kontrolle frei bewegen. Da ist das abgelaufene Permit überhaupt kein Thema.
      Er hatte sich in Lima erkundigt (wo?), es gäbe nur eine Geldstrafe?!
      Ich war beim der ganzen Aktion dabei. Er spricht perfekt Spanisch und hatte keinen Funken Chance da raus zu kommen.
      Fall 2: Argentinier mit argentinischem Motorrad in Argentinien
      Er reist vor 4 Jahren aus Chile mit seinem Motorrad wieder nach Argentinien ein. Die Zöllner geben eine falsche Nummer ins System ein, er merkt es nicht => keine Lösung! Er kennt Leute bei der Aduana, …

      Liebe Grüße aus Brasilien
      Toni

  3. Wieder mal ein toller und sehr informativer Reisebericht Toni. Die Situation mit dem gleichen Nummernschild, aber geänderter Fahrzeug ID merken wir uns, für den Tausch unserer Bikes im nächsten Jahr 👍.

    • Anton Marschall

      Wow! Ich sehe Du hast den Bericht gelesen!
      Schreibe die Beiträge um meine Reise wirklich intus zu bekommen.
      Das mit den Nummern war mir scxhon vorher klar, mich hat der enthusiastisch Deutsch sprechende argentinische Zöllner voll abgelenkt.
      Liebe Grüße
      Toni

  4. Bruno Züger

    Lieber Toni, wieder ein sehr unterhaltsamer Bericht!
    Freunde von mir sind vor einer Woche in Cartagena, Kolumbien, eingetroffen. Dort wollten sie am Hafen ihr 4×4 Fernreisefahrzeug abholen. Trotz Verladebestätigung für Roll-on/Roll-off, Versandpapieren, korrekter Frachtrechnung, etc., ist das Fahrzeug verschollen und nicht mehr auffindbar. Die Reederei hat keine Ahnung wo sich das Fahrzeug befinden könnte. Sie sollten sich doch bei der Versicherung melden um sich den Betrag auszahlen zu lassen… Unglaublich und für die beiden eine Katastrophe.
    Solche Abenteuer will man nicht.
    Dir weiterhin alles Gute 😉
    Beste Grüsse, Bruno

    • Anton Marschall

      Hoi Bruno,
      Auf derartige Abenteuer kann man / ich sehr gerne verzichten.
      Hatte mit einigen Overlandern – mit Autos – Kontakt. Die haben mir erzählt, dass die Schiffe bei Roll On / Roll Off über einen Hafen in Afrika – Dakar? – gehen. Dort werden die Autos aufgebrochen und alles was nicht ’niet und nagelfest‘ ist gestohlen. Das geht nur mit Wegschauen der Schiffsbesatzung. Möglicherweise ist bei ihnen gleich das ganze Fahrzeug weg gekommen. Tun mir echt leid.
      Danke für die guten Wünsche,
      Toni

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