28.10.2023
Mit der Fähre von Manaus nach Santarem
Hatte im Hinterkopf in die drei nordöstlichen Länder Südamerikas zu fahren – Guyana, Suriname und Französisch Guayana. Mich hat die Landschaft rund um Manaus nicht so ganz begeistert, die Strecke durch die drei Länder ist – für mich – more of the same. Alternative: Schifffahrt auf dem Amazonas und den fehlenden Teil der Transamazonica bis zum Atlantik.
Den halben Weg auf dem Amazonas bis Santarem in Richtung Belen. Zwei Tage durch den Amazonas schippern hat etwas beruhigendes, oder: Abwechslungen sind rar. Ein Schiff überholt, dauert einige Stunden. Abendessen – „Äuso Käptndinna is des kans!“
Tonnen von Zwiebeln werden unterwegs ausgeladen, unzählige Motorräder, Frachtgut, … einige Anlegestellen. Ein Schiff legt neben uns an, die Leute steigen einfach über die Reling von einem Schiff zum anderen. Heftiger Sturm, die LKWs wackeln ordentlich, die BMW ist fest verzurrt. Nachdem wir später aus Manaus abgefahren sind, kommen wir – natürlich – noch viel später in Santarem an. Hatte das Hotel kontaktiert: Kein Problem, 24h Rezeption. Überraschenderweise sehr nettes Hotel, große Stadt! Mache mich auf den Weg über die PA-370 nach Uruara, und damit in die Transamazonica. Von den „versprochenen 150 Kilometer Dirt road“ bis Uruara sind es nur mehr einige Teilstücke, die noch ohne Asphalt sind. Die Feuer entlang der Strecke vernichten keinen Urwald mehr, es sind bereits bestehende Farmen, die das Unterholz abbrennen – schaut trotzdem nach „Mad Max“ aus.
Das was niedergebrannt wird, bleibt brach liegen, nach einiger Zeit wird am Gelände Gras gesät, dann kommen die Rinder, dann die ersten Holzhütten und danach die exquisiten Herrenhäuser.
Dafür hält die ‚Transamazonica‘ was sie verspricht:
Eine Fernverbindung, quer durch den Amazonas vom Atlantik zum Pazifik. Ein großer Teil Naturstraße.
- Naturstraße = Sand & Erde + Fernverkehr = LKWs, viele LKWs
- Viele LKWs + Sand & feine Erde = gaaanz viel Staub
Sicht Null, weiß nicht, bin ich zwanzig Meter hinter einem LKW oder einen Kilometer. Schon das Herantasten wird zu einem Glückspiel, das Überholen – grenzwertig. Die Straße ist relativ schmal, da bleibt kein Platz zwischen den LKWs zum Durchfahren. Anhalten ist auch nicht, von hinten kommen ganz viele LKWs, relativ flott, und auch keine Sicht! Links und rechts der Straße sind Gräben als Drainagen für die Regensaison, einen halben bis eine Meter tief – auch keine gute Wahl. Hunderte Kilometer später: Die BMW strotz nur so vom dick anhaftenden Staub – und nicht nur die BMW! Bei der kleinsten Bewegung umgibt mich eine Staubwolke. Die Alternative: Regen, und damit tiefer Schlamm. Ich ziehe den Staub vor, Videos auf yout.tube sind dazu sehenswert. Habe Glück, es ist eine der trockensten Perioden im Amazonas seit Menschengedenken.
Mein Ziel ist am Ende der Parque Nacional dos Lençóis Maranhenses. Damit bin ich letztendlich – auf Etappen – die Transamazonica vom Pazifik bis zum Atlantik gefahren. Gleich vorweg: Man muss nicht unbedingt seinen Job an den Nagel hängen, das Haus verkaufen und mit dem Motorrad, Overlander Bus, … die Transamazonica fahren, da kenne ich andere Gegenden, die das sicher wert sind.
Was mir schon sehr zusagt: Im Amazonas gibt es Früchte in Hülle und Fülle. Mangobäume wachsen in Alleen, halte oft unter so einem Baum und fülle mich mit frischen Mangos ab. Die Bananen an den Obstständen noch dazu – übrigens: Die kleinen Bananen finde ich am schmackhaftesten und besten.
Im Parque Nacional dos Lençóis Maranhenses gönne ich mir eine Luxusbleibe. Etwas abenteuerliche Zufahrt, tiefer Sand, aber sehr schöne Bungalows. Die Vermietern verspricht eine Tour für mich durch den Nationalpark, die Dünen und Lagunen zu organisieren. Ich: Aber bitte nicht gleich in der Früh, ich schlafe recht gerne. Etwas später: Sie hat etwas gefunden, ist mit einer Gruppe, angeblich?! Aber es geht schon um 8:00 los. Wieder etwas später: Die Gruppe will noch früher, 7:00 Uhr! Oder ich nehme einen Guide nur für mich, kostet entsprechend. Weiß nicht wieso, habe aber voll Glück. Frühstück gibt’s für mich um 6:30 und ich werde tatsächlich um 7:00 abgeholt. Wir fahren in den nächsten Ort, Kommunikation ist für mich etwas schwierig in Brasilien. Ich spreche zwar vier Sprachen, aber kein Portugiesisch, die Brasilianer nur. Und dann wundern sie sich auch noch!? Wir warten im nächsten Ort mehrere Stunden auf die Gruppe?! Die kommen mit einiger Verspätung tatsächlich, viel Gepäck, Essen, … Obwohl sie mit 4WD Autos gekommen sind, ist es für sie (Ortsunkundige) nicht möglich eigenständig durch die Dünen zu fahren. Nicht einmal mit einem Guide voraus.
Selbst unser Fahrer, der in einem der Dörfer in den Dünen wohnt, bleibt einige Male im tiefen Sand stecken, anschieben angesagt. Sie wollen in das Dorf, in dem auch der Fahrer und seine Familien(n) wohnen. Dort laden wir alles aus. Werde zum Mittagessen eingeladen. Der Fahrer macht mit mir Fahrten zu Lagunen, in die Dünen. So komme ich wirklich zu einer Exklusivtour. Übrigens: Der Nationalpark ist wirklich eine Reise wert! Mag überhaupt nicht, mich an Touren zu beteiligen – der Parque Nacional dos Lençóis Maranhenses ist auf keine andere Weise in die Tiefe zu besichtigen. Auf der Rückfahrt nehmen wir noch einen seiner Freunde mit. Bin froh, dass er dabei ist, wir müssen einige Male den Hilux aus dem tiefen Sand schieben. Er steigt unterwegs im Nirgendwo aus und geht zu Fuß weiter?!
Was jetzt kommt sind mehr als 3.000 Kilometer auf schnurgeraden Straßen, vom Nordosten Brasiliens nach Südwesten, eine mentale Sonderprüfung.
Die Hauptstadt Brasilia liegt auf dem Weg. Hatte in Trinidad, Bolivien einen Hinterreifen montiert, der Produktionsfehler hatte und schon undicht war ohne einen Kilometer Fahrt. Mit dem dicken Schlauch war er dann dicht. Auf dem Weg nach Teresina überlege ich mir, dass der Vorderreifen schon „etwas unter Null“ ist und „wahrscheinlich“ zu erneuern. Als ich das Motorrad beim Hotel abstelle, wundere ich mich über den dick anhaftenden schwarzen „Staub“ auf dem ganzen hinteren Teil der BMW. Spürt sich etwas weich an?! Der Hinterreifen hat sich auf den letzten 500 Kilometern, wie von Geisterhand, abgerieben und auf den Koffern, Sitzbank, Rahmen schön gleichmäßig verteilt. Die Rezeptionisten weist mir den Weg zur nächsten Borracheria. Damit werden beide Reifen gewechselt. Mit dem Vorderreifen übt der „Borracheria“ – das heißt übrigens Betrunkener – noch, obwohl ich ihm auf die Drehrichtung aufmerksam gemacht hatte, ist er beim ersten Mal falsch montiert – fifty fifty. Der Fahrt durch das Cerrado in Brasilien wird zu einer Lehrstunde: Man opfert das Cerrado, um den Amazonas zu erhalten.
Die Farmen – Soja, Mais, Zuckerrohr, … sind riesig: Zwei Millionen Quadratkilometer. Ebene. Österreich passt 25 mal in diese extrem intensiv bewirtschaftete Agrarregion. Nehme die Eindrücke ohne Vorurteile mit. Brasilia liegt mitten in dem Cerrado. Hatte schon einige Tage zuvor versucht Hotels oder AirBnB zu buchen, keine Unterkünfte frei, oder doch: Ein Apartment mit einem Zimmer für schlappe 20.000 Euro, also die Nacht nicht zum Kaufen. Buche ein Hotel 50 Kilometer außerhalb, finde später die mögliche Ursache für das Phänomen: Red Hot Chili Peppers treten in Brasilia auf – alle Unterkünfte ausgebucht! Nütze die Zeit um mein Motorradgewand zu reinigen – den Staub der Transamazonica verbreite ich noch immer schön gleichmäßig.
Brasilia: Siehe Fotos.
Wer mich ein wenig kennt, weiß, dass ich Städten nicht viel abgewinnen kann.
… No comment …
Bei der Einreise nach Brasilien hatte ich übersehen, dass nur 30 Tage Aufenthaltsdauer im Pass eingetragenwurden. Wollte schon in Manaus eine Verlängerung erwirken, das ist aufgrund von „bürokratischen Problemen“ nicht gelungen, neuer Anlauf in Brasilia. Über das Internet finde ich die Adresse für Passstelle von Ausländern, gleich beim Flughafen. Alles wie beschrieben. Werde beim Empfang in den ersten Stock geschickt, bin der Einzige, komme gleich dran. Einige Minuten später habe ich einen Zettel in der Hand: Ich soll 104,39 Real bei der Loteria im Terminal einzahlen?! Bin mir nicht ganz im Klaren wie und was und wo. Gehe los in Richtung Terminal, aber nicht einmal da bin ich mir sicher wo das sein soll. Eine Frau kommt mir entgegen, ich spreche sie auf Englisch an, und … sie antwortet auf Englisch! Frage ob sie weiß wie, wo, was. Sie versucht es mir zu erklären, meint aber, dass kann man auch über das Mobiltelefon bezahlen. Sie sicher, ich sicher nicht! Frage, ob sie es für mich bezahlen kann, ich gebe ihr das Geld und … sie meint das geht natürlich auch. Öffnet die App, gibt die Daten von dem Zettel ein, in der App erscheint mein Name und der Antrag, sie überweist den Betrag und erhält ein pdf mit der Zahlungsbestätigung.
Das schickt sie mir mit WhatsApp. Bin in wenigen Minuten wieder zurück beim Passamt, die staunen nicht schlecht wie schnell das ging. Es sind, trotz der kurzen Zeit, viele Leute im Warteraum, warte was weiter passiert. Nach einigen Minuten kommt die Sachbearbeiterin zu mir, fragt ob ich die Einzahlung erledigt habe, schicke ihr das pdf. Sie nimmt den Pass, verschwindet in den anderen Raum und kommt nach einigen Minuten mit der Verlängerung zurück. Drei Monate, bis Ende Jänner 2024.
Viel geradeaus von Brasilia nach Campo Grande. Treffe Gerhard und seine Söhne wieder. Sie haben ein schönes Haus in einem Condominium in Campo Grande. Ich freue mich, sie nach so vielen Jahren wieder zu sehen. ´Die freundliche Aufnahme und die Gastfreundschaft sind beispielhaft – vielen Dank, dass ich da sein durfte!
Bin vor vielen Jahren im Pantanal die Straße über Porto da Manga bei Corumba gefahren:
Viele Holzbrücken, jede Menge Tiere, tausende Krokodile gleich neben dem Weg. Möchte unbedingt wieder hin. Die Holzbrücken gibt es noch – zum Teil. Die meisten sind mit einer Umfahrung, die Brücken verfallen großteils. Sehe gerade einmal drei Krokodile, dafür viele Rinder, Farmen und Zäune.
Zwei Tage nach Treze Tilias. Bin regelmäßig mit Tommy in Kontakt. Hatte ihn vor Jahren in Bolivien und Peru getroffen. Italiener, der in Australien lebt, derzeit aber in Indien auf Tour ist. Er hat einen Onkel auf halben Weg von Campo Grande nach Treze Tilias, ein Pater, der eine Santurio in Brasilien aufgebaut hat.
Den besuche ich natürlich, Fotos für die Familie in Cuneo, Italien. Auf dem Weg nach Dreizehnlinden sind viele Straßen wegen der heftigen Regenfälle der letzten Wochen gesperrt, immer wieder Umwege, teils schwierig passierbar. Komme trotzdem gut – und trocken – durch, erst auf den letzten dreißig Kilometern nach Treze Tilias erwischt mich der Regen, und das etwas heftig. Die Straßen sind wie Flüsse, der Ort ist teilweise einen halben Meter überschwemmt. Bleibe zwei Tage in der österreichischen Kolonie. Viele Leute sprechen deutsch, ihre Gastfreundschaft ist unbeschreiblich.
Das Holzkreuz in der Kathedrale on Brasilia ist übrigens von Gotfredo Thaler, einem Nachfahren des Gründers der Kolonie. Viele Jodler, Volksweisen, Schweinsbraten, Holzschnitzereien.
Noch mehr Jodler später fahre ich weiter in Richtung Süden – Ziel: Uruguay.
Hallo lieber Toni! Danke für deinen tollen Bericht und die vielen Bilder. Wie immer sehr spannend. Freue mich schon wenn wir uns in wenigen Tagen wieder sehen uns wünsche einen guten Heimweg. Liebe Grüße Stefan
Hola Stefan,
Wieder „Wiener Kaffeehaus“, aber ganz besonders freue ich Dich wieder zu sehen.
Saludos, Toni
Lieber Anton, ein toller Bericht und ich wünsche Dir eine weiterhin spannende Tour!
Beste Grüße aus Berlin
Thomas
Hola Thomas,
¡Gracias por tu mensaje! Estoy muy feliz de aceptar tus deseos.
Saludos desde Viena, Anton
Lieber Anton, wenn dein Mail kommt lasse ich alles liegen und stehen und stürze mich auf die Bilder und den Bericht. So schön dort, aber das mit dem Sand müsste ich nicht haben!
Bin am Packen, in 3 Wochen wird gezügelt nach Cavigliano, sonnig, Aussicht und ebene Wege zum Laufen, Velofahren und viel entdecken.
Wünsche dir von Herzen wundervolle Festtage, alles Gute für 2024 — Gesundheit, viele neue schöne Erlebnisse und reisen.
Herzlichst
Brigitte
Liebe Brigitte,
Vielen Dank für Deinen netten Kommentar!
Du bist wieder am „Zügeln“, bin schon sehr gespannt wie es wird – viel Freude jedenfalls auf dem Weg.
Auch Dir
Feliz Navidad, Merry Chirstmas.
Anton