Iran – Erfahrung der anderen Art

Iran – eines der erklärten Ziele meiner Reise

Von Van ist es eine Stunde bis zum Grenzübergang Razi. Beim ersten Checkpoint: Reisepass und Zulassungsschein => ok. 200 Meter weiter zum nächsten, zwei Autos vor mir, heftige Diskussionen mit dem Polizisten hinter dem Fenster, das dauert … Nach einer viertel Stunde verlangt er seinen Pass und fährt weiter zum nächsten Tor. Der Wagen vor mir: Eine Iranerin, auch sie diskutiert, es stellt sich heraus: Systemfehler, keine Abfertigung. Bei meinem Motorrad sammeln sich die ersten Leute, Fotos, Selfies, Aufsitzen, … nach einer halben Stunde wird die Autoschlange ziemlich lange und es wird unruhig. Die Leute belagern das kleine Abfertigungshäuschen: Systemfehler, nichts geht! Auch der Renitente von vorhin kommt mit seinem Auto wieder zurück, er konnte beim nächsten Checkpoint nicht weiter …  Nach einer Stunde kommt ein Unifomierter in das Abfertigungshaus, erklärt was zu tun ist, nun geht es ganz schnell. Pass rein, eingetippt, Stempel weiter zum nächsten Checkpoint. Noch einmal Pass, Zulassungsschein, dann geht das Tor zur Ausfahrt auf. Einige hundert Meter weiter das nächste schwere Gittertor. Ich halte, ein Soldat mit Felduniform verlangt den Reisepass und das E-visa, er sperrt das Gittertor auf und ich kann durch, im Iran! Hier wimmelt es vor Menschen, einerseits viele Jugendliche und Kinder, die mich sofort ¨überfallen¨,  andere etwas zwielichtige Gestalten und relativ viele Reisende. Diese fahren mit Bussen bis zur türkischen Grenze, zu Fuß die Grenzkontrollen und dann auf iranischer Seite weiter mit iranischen Bussen. Ich fahre bis zum Ende des Abfertigungsgebäudes und gehe sicherheitshalber von hinten rein. Werde von einem Polizisten angehalten, Reisepass – dann geht er mit mir zum Abfertigungsschalter: Tourist! Der Beamte unterbricht sein Arbeit, deutet mir an mitzukommen und verweist mich an einen der etwas Zwielichtigen – ein Schlepper – ok., schauen wir mal. Der Schlepper rennt mit mir bis zum Ende der Grenzstelle, rein in das Gebäude und in das hinterste Büro. Dort sitzen die Chefs der Grenzsstelle. Werde freundlich begrüßt, Reisepass, Visa, bekomme einen Tee, die beiden bedienen abwechselnd ihre Computer und nach fünf Minuten habe ich meinen Stempel auf dem Einreisevisa. Auf meine Frage nach dem Carnet de Passage verweisen sie mich an meinen Schlepper. Der rennt wie gehetzt zurück zum Einfahrtsbereich, drückt einem Zöllner mein Carnet in die Hand, der blättert es kurz durch, gibt es ihm wieder zurück. Wir stellen uns zum Motorrad, der Zöllner kommt einige Minuten später dazu, „Fahrgestellnummer?“ Zeige ihm das Schild, er vergleicht sie mit dem Carnet, einige Notizen im Carnet. Weiter zum nächsten Fahrzeug, ins Abfertigungshäuschen, Stempel, Unterschrift fertig – das waren keine 15 Minuten! Mein Schlepper möchte nun seinen Lohn und auch Geld tauschen, dazu fahren wir aus dem Grenzbereich raus. Ich bezahle ihn sehr gerne für seine prompte Arbeit, nicht einmal die obligatorische Versicherung war ein Thema. Werde für den Iran auch keine Versicherung abschließen, obwohl … Tausche einige Dollar in Rial – 1 Dollar sind 130.000 Rial, da kommt ein Menge Kohle zusammen! Bin im Iran – Das war eigentlich ganz easy.

Richtung Khoy ist es eine einfache Landstraße, ich war so schnell über die Grenze (abgesehen von dem technischen Problem auf türkischer Seite), dass ich beschließe bis Urmia zu fahren. Von Khoy bis Urmia eine vierspurige Straße, durch Mittelstreifen getrennt, sehr guter Asphalt. Komme schnell voran, sehe auf der Gegenfahrbahn alle zehn Kilometer eine Geschwindigkeitskonrolle mit Radarpistole – auf meiner Seite gar keine?! Gleich vorweg: Ich habe noch nie so viele Geschwindigkeitskontrollen gesehen wie im Iran! In Urmia finde ich das Hotel Park, gleich im Zentrum. Als ich mein Motorrad abstelle die erste Erahrung: Ich bin binnen Minuten von zwanzig Menschen umringt, Fotos, Selfies, Aufsitzen, fragen woher ich komme, wie mir der Iran gefällt, … Genieße aber binnen kurzer Zeit die Situation, steige ab, posiere, rede mit den Leuten, teilweise in gutem Englisch. Nach einer halben Stunde beruhigt sich die Lage, ich gehe ins Hotel, Zimmer ist frei, Garage im Keller!
Der Hotelpage bringt mein Gepäck ins Zimmer, zum Geldwechseln begleitet er mich einige Häuser weiter, leider ist heute Feiertag und alles geschlossen. Gute Erfahrungen am ersten Tag im Iran. Nach dem Frühstück mache ich mich auf den  Weg, umsehen in der Umgebung, finde einen Exchange, bekomme einen fairen Preis für den Tausch angeboten. SIM Karte von IranCell gibt´s gleich gegenüber. Der junge Mann spricht gut englisch, in wenigen Minuten ist die SIM Karte eingebaut und ich bin online! Da Facebook und einige andere Webseiten zensuriert sind braucht man noch einen VPN Channel, den lädt er auch noch schnell herunter. Zur Registrierung benötigt er meinen Reisepass, der ist natürlich im Hotel – lerne: Jedes Hotel im Iran nimmt Dir bei der Ankunft Reisepass ab, man erhält in erst bei der Abreise zurück. Er meint, ich solle in später vorbeibringen. Eigentlich wollte ich zwei Nächte in Urmia bleiben um alles zu erledigen, jetzt bin ich in einer halben Stunde fertig und beschließe gleich weiter zu fahren. Check out, Halt noch bei IranCell zur Registrierung, dann weiter in den Süden. Bin wieder liquid, daher auch gleich zum Tanken. An der Tankstelle das gleiche Bild, bin umringt von zig Leuten, Fotos, Tee, … habe noch wenig Gefühl für das Geld, bezahle 150.000 Rial für’s Volltanken, kurz nachgerechnet, das sind 1,10 Euro! Ein Liter Benzin kostet 6 Cent!!! In der Region Kurdistan wohnen hauptsächlich Kurden und Türken,  sie sprechen auch türkisch. Vorbei an der irakischen Grenze, nach Erbil wären es nur zwei Stunden. Die Kurden im Iran haben einen regen Grenzverkehr mit dem kurdisch besetzten Teil des Irak, ich bereue noch mehr keine Vorbereitungen für einen Grenzübertritt in den Irak getroffen zu haben, wäre eine einmalige Gelegenheit gewesen. Halt in Sanandaj, nettes Hotel, in der Nacht schüttet es. Kurdistan ist eine Bergregion mit Schigebieten, ich fahre auf einer Hochebene von 2.000 Höhenmetern, die Pässe bis 2.500 Meter, es liegt noch viel Schnee, in der Nacht hat es geschneit. Es ist etwas sehr kalt und regnet fast den ganzen Tag. Der Wetterbericht verspricht für die ganze nächste Woche schwere Regenfälle und Schnee. Ich sehe Überschwemmugen an vielen Stellen, in den Nachrichten wird berichtet, dass weiter im Süden sieben Städte wegen Überflutungen evakuiert werden mussten, Notstand. Ich beschließe auf dem kürzesten Weg nach Esfahan zu fahren, ist am Rande der Wüste und die Wettervorhersage wesentlich besser. Auf dem Weg dorthin die ersten Erlebnisse mit Polizei- / Militärkontrollen, mit unterschiedlichen Erfahrungen. Sobald ich anhalte bin ich von Menschen umringt, das wird die gesamt Zeit im Iran so bleiben. Fotos, Wie gefällt es dir im Iran? Wie sind die Menschen im Iran? Aufsitzen auf das Motorrad, Posing, … Bei einigen Polizeikontrollen das gleiche Bild: Ich falle mit dem Motorrad auf und werde umgehend gestoppt. Bei einer Dienststelle ist die gesamte Belegschaft angetreten, mit dem Chef. Andere Checkpoints sind ungemütlicher, Fragen, Woher eingereist? Reise ich weiter nach Afghanistan, Pakistan? Warum bin ich im Iran? Pass wird eingezogen, mitgenommen in die Kaserne, warten, E-Visa, … Über die Berge ist es teilweise bitter kalt und die Konrollen machen mir schon deshalb wenig Spaß. Komme spät nach Esfahan, finde ein Hotel im Zentrum und bleibe zwei Nächte. Esfahan gefällt mir unheimlich gut – die Bilder sprechen für sich.

Weiter nach Yazd, dort gibt es erst mal die erste Motorradwäsche, mit Hinfallen auf dem verseiften, gelackten Boden … Nächtige im Dad Hotel, treffe eine österreichische Reisegruppe. Sie sind mit dem Bus auf Tour durch den Iran, viele Busse. Die Ölanzeige hat mehrmals angezeigt, mache mich auf die Suche nach Motoröl, gar nicht so einfach. Nach vielen Fragen bekomme ich einem Kellerlokal ein Liter vom SAE 50, um 90 Cent! Yazd liegt am Eingang zur Lut Wüste, trotzdem ist es mir einfach zu überlaufen und ich fahre am nächsten Tag weiter.

Halt in Pasargad, Monument von Kyros dem Großen. Sein Sohn Darius hat die Hauptstadt 50 Kilometer südlich nach Persepolis verlegt, dort finde ich ein Hotel inmitten der historischen Stätte – traumhaft! Durch wüstenähnliche Landschaften nach Bandar Abbas, eine riesige Hafenstadt am Golf von Hormuz. Mit der Personenfähre fahre ich – und die BMW – auf die Insel Qeshm, Sichtweite nach Dubai und Oman. Etwas skurril, dort wo normalerweise Koffertrollies rollen fahre ich mit der BMW durch die Hallen bis zur Fähre, welche eigentlich nicht für Fahrzeuge geeignet ist. Ich muss auch warten bis eine Fähre mit geeigneten Abmessungen kommt. Schwerer Seegang, die BMW bekommt einiges an Meerwasser ab – Auf Qeshm wird die nächste gründliche Wäsche fällig. Qeshm ist ein zollfrei Insel in der Straße von Hormuz, wie einige andere auch, ein Einkaufstempel neben dem anderen, alles was es an Marken gibt wird angeboten. Im von Sanktionen geschüttelten Iran eine Besonderheit, es herrscht reger Einkaufstourismus. Die Badestrände sind sehr dürftig, leider auch total verdreckt, Plastik in jeder Form, überall. Treffe in einem netten Restaurant, Betreiber ist eine Deutsche und ihr iranischer Mann, Gilles und Dominique, ein französisches Paar, unterwegs mit einer GS. Wir verbringen einen sehr netten Abend, Erfahrungsaustausch und bleiben über WhatApp noch lange in Kontakt. Sie erzählen mir auch, dass sie mit der Autofähre auf die Insel gekommen sind und dass es ein ziemlicher Aufwand war und lange gedauert hat. Eigentlich wollte ich mit der Autofähre zurück auf´s Festland, beschließe wieder die Personenfähre nach Bandar Abbas zu nehmen. Bei der Abfertigung werde ich wieder bevorzugt und gut bedient, „Tourist“, Tee vom Chef des Zolls, Fotos, Fragen, …


Von Bandar Abbas über die Berge nach Bam, die Strecke ist ausnahmsweise zweispurig, intensiver LKW Verkehr, 15 kmh die Berge hoch … – überhole bei jeder Gelegenheit um weiter zu kommen. Als es wieder einmal bergab geht ein Stau vor einer Ortschaft – Bodenschwelle. Höre hinter mir ziemlich heftig Reifen quietschen, Blick nach vorne wo Platz ist zwischen den Autos durch zu kommen und auf´s Gas. Sehe im Rückspiegel wie ein uralter blauer PickUp nach rechts ¨abbiegt¨, gleich danach wieder zurück nach links schleudert und hinter mir im rechten Winkel in den Graben fährt, um sich dort zwei Mal zu überschlagen und auf dem Dach liegen bleibt … manchmal baucht´s eben etwas Glück, zumindest ich hatte es! Bam wurde bei einem Erdbeben am 26.12.2003 vollkommen zerstört, über 26.000 Tote in nur 2 Sekunden. Die historischen Bauten wurden dem Erdboden gleich gemacht. Seit damals werden sie 1:1 neu aufgebaut … etwas fraglich für mich!?!? Besuche die „alte Stadt“, bekomme eine Guide kostenlos zur Verfügung, „da er noch englisch lernen muss“.

Bei der Hotelsuche ein nettes Haus, sehe eine gelbe BMW GS mit deutschem Kennzeichen im Garten davor. Leider ist kein Zimmer mehr frei, der Rezeptionist gibt mir aber die Adresse von einem anderen Hotel, etwas außerhalb. Von der Rezeption rufe ich den deutschen Biker an, so treffe ich Benjamin, der eigentlich aus Luxemburg ist, auf seiner Reise nach Fernost, morgen muß er über die Grenze nach Pakistan, da sein Visa abläuft. Von der Grenze mit Militäreskorte nach Queta, Belutschistan ist in Pakistan mit Taliban und anderen Terrororganisationen verseucht … wir bleiben in Kontakt, erfahre, dass Benjamin nach einer Woche gut in Queta angekommen ist. Von Bam Richtung Kerman, biege vor Kerman in die Darsht-e Lut – die Lut Wüste – ab. Eine unspektakuläre Straße, vierspurig … nicht wirklich für den Motorradfahrer gebaut. Google weiß ein „Wüstencamp“ im Eingang der Lut. Das erweist sich als Luxusbleibe: jedes „Zimmer“ ist ein riesiges Zelt mit zwei großen Betten, Bad, zwei Aircondition, Terrasse. Weitere Zelte für Cafeteria und Restaurant!? Eigentlich lehne ich derartiges ab, das nehme ich sehr gerne – gibt auch kaum Alternativen. Bleibe zwei Nächte treffe John Turnbull und seine Frau aus Australien und ein Schweizer-österreichisches Paar, Thomas und Ulli. Thomas arbeitet in der Schweizer Botschaft in Teheran, Ulli begleitet in, arbeitet in ihrem Fach als Architektin. Sie wohnen direkt in der Residenz des Schweizer Botschafters und machen mir das Angebot mich zu hosten, wenn ich nach Teheran komme. In der Nacht ein heftiges Gewitter, es stürmt, schüttet, das Zelt wird ordentlich durchgebeutelt. Am Morgen vor dem Zelt ein See. Gemeinsames Frühstück, wir sind zu viert, es gibt 15 Omletts, 15 gekochte Eier, eine Wanne voll mit Würstchen, Tomaten, Gurken, Käse, … etwa für 30 Leute! Abschied von den Beiden mit dem Versprechen uns in Teheran wieder zu sehen. Fahre nach Kalout, imposanten Felsen die direkt aus dem ¨Wüstenboden herauswachsen¨ – sehr beeindruckend! Treffe zwei Spanier aus Tarifa, Kite Surfer, auf dem Weg in ihrem VW Bus nach Nepal. Sie möchten dort auf 4.500 Meter in einem See Kiten … dann in 15 Tagen wieder zurück nach Spanien. Insgesamt haben sie zwei Monate Zeit, danach beginnt die Saison wieder in Andalusien – man muss Ziele haben!!! Geniesse den Tag in meinem luxuriösem Zelt. Am Abend bin ich dann der einzige Gast in dem riesigen Zeltkomplex. Abendessen, schon wie das Frühstück, für 30 Leute. Das Camp wurde von einer Airline letztes Jahr in einem wunderschönen Palmenhain errichtet und ist eine Oase in der Oase – trotzdem oder gerade deshalb etwas fraglich.

2 Kommentare zu “Iran – Erfahrung der anderen Art

  1. Hallo lieber Toni !
    Dieser Bricht ist mir irgendwie entgangen
    Naja dann habe ich ihn halt jetzt nachgelesen
    Wie immer sehr spannend und lebhaft geschildert
    liebe Grüße
    Stefan

  2. Bruno Züger

    Lieber Toni
    Ich freue mich immer wieder wenn per Mail ein neuer Bericht angekündigt wird. Jeden einzelnen habe ich verschlungen. Langsam beginne ich mit der Planung für eine Reise via Seidenstrasse nach …. weit, weit weg. Zeithorizont unbekannt. Die Pension rückt schliesslich näher.
    Vielen Dank dass du uns an mit den spannenden Berichten an deiner Reise teilhaben lässt.
    Liebe Grüsse
    Bruno

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