Reise der anderen Art

20. März 2024

Flug nach Argentinien. Miguel holt mich in San Juan vom Flughafen ab – Asado ist schon im Werden. Freue mich wieder so viele Freunde zu treffen. Nito und Mabel sind mit meiner alten BMW 1200 unterwegs nach Sizilien. Bleibe nur zwei Nächte in San Juan, danach in Richtung Rodeo, möchte zur Goldmine Veladero. Leider ist die Zufahrt zur Mine nur für Berechtigte der Mine. Da helfen auch keine Überzeugungsversuche im Camp.

Über den Paso Agua Negra nach Chile. Auf der chilenischen Seite ist das Pendant – das Projekt „Pasqualama“. Mache mich auch auf diesen Weg, am Zugang zur Mine ist aber auch hier Schluss. Übernachte in Copiapo, möchte über den Paso San Francisco zurück nach Argentinien. War bisher immer in Zeitdruck über den Pass, dieses Mal viel Zeit. Vorbei am Ojos de Salado zur Laguna Verde. Am Rand der Lagune: Heiße Thermalquellen.

In Fiambala gleich weiter ins richtige Thermalbad …
Der Weg in den Norden geht über Cafayate, Abendessen bei Baco. In den vergangen Wochen gab es heftige Regenfälle im Norden Argentiniens, viele Straßen sind und waren überflutet, der Schlamm ist noch allgegenwärtig. Fixpunkt Tarija – Freue mich Frederic und sein Familie wieder zu treffen. Sie planen eine Reise nach Europa, Familienbesuche in Belgien.

Über Villamontes, Monteagudo nach La Higuera – ins Casa del Telegrafista. Treffe auf dem Weg eine Gruppe, sie sind auch auf dem Weg zu Juan und Oda. Sehr schöner Abend, tolles Essen, nette Gespräche.
Santa Cruz de la Sierra, einige Tage mit Gerhard, seiner Baustelle, tolle Restaurants, Zigarren, … Trinidad, nach San Ignacio de Moxos, viel Verkehr, die Fähren über den Rio Marmore sind in die Jahre gekommen, die Zu- und Abfahrten in erbärmlichen Zustand.

Die gesamte Straße ist asphaltiert, komme schnell voran. In Yocumo biege ich in Richtung Rurrenabaque ab.
7. April 2024
Möchte in Richtung Norden, Riberalta, … Überlege noch an der Tankstelle auf dem Weg zu tanken, noch 80 Kilometer bis Rurre, entschließe mich weiter zu fahren. Die nächste Erinnerung habe ich im Spital in Rurrenabaque. Die Ärzte zeigen mir die Ergebnisse der Erstuntersuchung: Beckenbrüche, Kieferbrüche, eventuell Verletzung der Nieren. Blute stark aus dem Unterleib, habe aber keinen einzigen äußerlichen Kratzer am ganzen Körper. Das Hospital ist lediglich eine kleines Provinzkrankenhaus und verfügt über keine Einrichtungen für meine Verletzungen. Die österreichische Konsulin, Gabriela, besucht mich einige Stunden nach dem Unfall in Rurre. Sie empfiehlt und organisiert für mich das Hospital Arco Iris in La Paz. Das Krankenhaus in Rurre bucht für einen Arzt und mich einen Flug für den nächsten Tag, bin 17 Stunden nach meinem Unfall in einem bestens ausgestatteten Spital in La Paz. Kiefer OP zwei Tage später. Beckenbrüche: Der Orthopäde meint, dass die Beckenbrüche konservativ behandelt werden sollen – ohne OP. Eine Verletzung der Nieren liegt zum Glück nicht vor. Die Leiterin des Tourismusbüros in Rurre, Zulma, ich kenne sie nicht einmal, kümmerte sich sowohl um meine Versorgung, als auch mein Motorrad. Sie hilft mit, dass die BMW nicht von der Polizei konfisziert wird, statt dessen wird sie auf einer Farm von David Richardson, einem Mitarbeiter der britischen Botschaft in Bolivien, abgestellt. Die Polizei meint nur: „Das Motorrad hätte ohnehin keinen Platz auf ihrem Gelände!?“ Mein iPhone, der Helm, das Top Case sind zwar nicht gleich auffindbar – sie schafft es binnen kurzer Zeit, dass alles wieder vorhanden ist.

Der Transport von Rurre zu BMW – 1.000 Kilometer – nach Santa Cruz wird von ihr binnen weniger Tage organisiert und erledigt. Mein Gepäck findet Platz in La Paz bei Marcelo, einem Freund von Frederic. Frederic kommt eine Woche nach La Paz und unterstützt mich in allen Belangen.

Erwirke das „Fit to Fly“, trotz einiger Widerstände des örtlichen Arztes, schon nach zehn Tagen. Werde zwei Wochen nach dem Unfall, organisiert von der Tirol Air Ambulanz, nach Wien geflogen, Dr. Morales und Chris begleiten mich auf dem Heimflug. Es ist für mich unvorstellbar wie viele Menschen, viele davon kenne ich gar nicht, sich für mich eingesetzt haben. Ich verdanke ihnen, trotz teils schwerer Verletzungen, gut davon gekommen zu sein.
Wenn ich mich bedanke höre ich meist nur: „Wir sind Freunde“.
Sigrid hat die nächsten Wochen mit mir alle Hände voll zu tun – die Krankenhausbesuche werden zum Alltag …

Nachtrag:
Zum Ersten:
Bin bereits über eine Million Kilometer mit Motorrädern gefahren, viele davon in unwegsamen Gelände – nach der Statistik bin ich bereits lange überfällig.

Zum Zweiten:
Einige Tage nachdem ich ins Hospital Arco Iris komme, höre ich eine Frau an der Rezeption deutsch sprechen. Sie war mit einer geführten Reise in Argentinien, Chile, Bolivien unterwegs. Drei ihrer Mitreisenden sind bereits ausgefallen: Einer starb schon vor der Abreise, zwei wurden im Laufe der Tour mit Verletzungen wegen Unfällen mit den Motorrädern in Spitäler eingeliefert. Sie ist der vierte Ausfall der Gruppe, nicht mit dem Motorrad verunfallt, sondern in Coroico beim zu Fuß gehen gestürzt und hat sich komplizierte Bein- und Knöchelbrüche zugezogen. Der mitreisende Veranstalter lässt die Verletzten ins Spital bringen, lädt die Motorräder in seinen Klein-LKW, die Tour geht weiter. Sie spricht kein Wort spanisch. Etwas gedrückte Stimmung: Das Spital hat nicht die notwendigen Behelfe für eine OP: „Bekommen wir vielleicht in zwei, drei Tagen“! Am Nachmittag ist der Fixateur im Hospital Arco Iris, sie wird am nächsten Tag operiert.
Schicke ihr das Formular „Fit to fly“ Formular, welches ich über die Tirol Air Ambulanz bekommen hatte. Rede auf die Ärzte, Spitalsangestellten ein, ihr die Einwilligung für einen Rückflug mit medizinischer Belgleitung zu erteilen – ein eher schwieriges Unterfangen. Letztendlich sehe ich bei meiner Abreise in der Rezeption das unterfertigte Formular liegen.

Zum Dritten:
Zulma schreibt mir zwei Monate nach meinem Unfall, dass David Richardson (auf seiner Farm stand mein Motorrad nach dem Unfall) überraschend verstorben ist.

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