Reise mit – technischen – Hindernissen

26.7.2021
In der Früh noch zu BMW Heiligenstadt. Für das Geräusch beim Überfahren von Bodenwellen im vorderen Bereich hatte ich ein Spiel bei der Gabelbrücke ausgemacht und die beiden Topflager bestellt. Die waren auch zeitgerecht gekommen – ich werde sie irgendwo unterwegs austauschen lassen. Auf direktem Weg, quer durch Ungarn, nach Resitsa, Rumänien. Abseits der Hauptrouten durch den Banat Richtung Eisernes Tor, Donaudurchbruch. Die Wege sind streckenweise fordernd, einige Umfaller die Konsequenz: Nach einem der Umfaller funktioniert die Ganganzeige nicht mehr – überhaupt keine Anzeige. Wenn man die Steuerung der BMW kennt, lässt sich der Motor nur bei Anzeige „N“ auf dem Display starten, selbst wenn der Leerlauf mechanisch eingelegt ist! Ohne „N“ – Anzeige kein Anlassen. Außer … man betätigt die Kupplung. Jetzt macht sich die Reparatur in Logrono, Spanien vor zwei Monaten voll bezahlt (siehe dazu den vorangegangen Beitrag). Mich hatte es genervt, immer den Leerlauf suchen zu müssen, um starten zu können und habe den defekten Schalter an der Kupplung in Logrono reparieren lassen.
Übrigens: Den defekten Schalter habe ich wieder repariert – Der Schalter selber ist nämlich in Ordnung, lediglich die Anschlussstücke werden nur gesteckt und anschließend mit Kunststoff vergossen. Diese Steckverbindung verliert den Kontakt – Kunststoffverguss mit dem Messer entfernen, Anschlüsse verlöten und mit Epoxidharz wieder verkleben. Fährt jetzt als Ersatzteil mit.

Hier im Nirgendwo des Banat kann ich dadurch ohne Probleme starten! Man braucht auch Glück im Leben. Über viele unwegsame Wege bis zur Donau und entlang des Eisernes Tores Richtung Baia Herculane. Irgendwann meldet sich auch die Ganganzeige wieder. Verglichen mit meinen letzten Touren durch Rumänien vor fast zwanzig Jahren ist nun unheimlich viel ausgebaut, entlang der gesamten Strecke reihen sich Restaurants, Hotels, … die suchte man vor zwanzig Jahren vergebens, Privatquartiere waren angesagt. Von Baia Herculane gibt es eine wunderschöne Strecke nach Petrosani. Im Google und GPS als Wanderweg eingezeichnet. Bin ich bereits gefahren, ohne GPS und habe mich damals ordentlich verfahren, mit viel Glück und dem letzten Tropfen Benzin in bewohnte Orte gekommen. Die Strecke ist noch immer wunderschön und nicht befahren. Johannes hat mir erzählt, dass er sich in Uricani angesiedelt hat – da komme ich dann auch vorbei, einige Fotos, die ich ihm schicke. Auch Petrosani hat sich gewaltig verändert, ich möchte über die Transalpina Richtung Süden. Habe schon viel über die Veränderungen gehört und gelesen, ist nur noch dramatischer als ich dachte. War es damals eine echte Herausforderung über den Urdele Pass zu fahren, unwegsame Passagen, heftige Gewitter mit eingeschlossen, ist es nun eine voll ausgebaute Straße bis Novaci, Nächtigung im Schiort Ranca. Weiter über das Kloster Horezu, mit Stop bei einer Cafeteria, nach Bukarest. Treffen mit Gabriel in tollem Restaurant. Wir sitzen im Freien und genießen des sehr gute Essen und den schönen Abend, etwas Schwelgen in der Vergangenheit, aber mehr über die Gegenwart und die Zukunft. Wie aus dem Nichts ein Unwetter, die Gläser, Teller fliegen, es schüttet in Strömen. Selbst auf dem kurzen Weg bis zum Taxi vor die Haustür werden wir gebadet. Vielen Dank an Gabriel für den netten – unvergesslichen – Abend, ich hoffe wir sehen uns bald wieder!

Wenn es nicht rund läuft…
Gabriel hatte nicht nur einen Termin in einem super Restaurant, sondern auch einen Termin bei BMW in Bukarest vereinbart – die Topflager an der vorderen Gabelbrücke habe ich als Ersatzteile mit, es wäre jetzt der richtige Zeitpunkt sie zu tauschen. Bin schon vor dem Termin um 8:30 bei BMW ….. , mein zuständiger Serviceleiter ist leider nicht da: Er musste zu einem liegengebliebenen Fahrzeug, dabei ist ihm selber der Benzin ausgegangen und er kommt … später – Ich sollte mir spätestens jetzt etwas denken! Sein Kollege nimmt sich mir an. Ich hatte alles auf Rumänisch übersetzt und gebe ihm schriftlich die Liste.
Es sind einige wenige Punkte. Wenn möglich und die Zeit vorhanden ist ersuche ich sie ebenfalls zu beheben, aber die Topflager sind in jedem Fall zu erneuern! Er meint, dass geht und würde etwa 2,5 Stunden dauern. Ich bekomme Kaffee serviert, warte im Verkaufsraum. Nach einer Stunde kommt auch der Serviceleiter, mit dem eigentlich der Termin vereinbart war. Nach 2,5 Stunden kommt „mein Serviceleiter“ mit sorgenvollem Gesicht und meint „Wir müssen reden“. Auf in die Werkstätte. Der Mechaniker trägt seine Bedenken über den Gesamtzustand meines Motorrades vor, eine lange Liste. Anmerkung: Die BMW hat mittlerweile über 160.000 Kilometer drauf. Wir reden über die einzelnen Punkte, so hat er zum Beispiel festgestellt, dass meine Räder unrund sind, außerdem sind die Speichen locker?! Mich wundert das keineswegs, bin ich doch auf dem Weg hierher über Stock und Stein gefahren, etliche seeeehr tiefe Schlaglöcher auch im schnelleren Tempo genommen. Ich sage ihm, dass ich die Räder regelmäßig tausche, weil sie für mich ein Abnützungsteil sind, neue Räder würden nach wenigen Tagen genau so aussehen. Auch die anderen Punkte sind von ähnlicher Natur. Wir einigen uns, dass er etliche Punkte erledigt, die Räder bleiben aber, da sie ohnehin relativ neu sind. Auch einen Ölwechsel muss ich machen lassen, weil das Öl bereits mehr als 10.000 km drauf hat. Meinen Hinweis, dass ich das Öl meist erst nach 30.000 Kilometer tausche, lehnt der Mechaniker kopfschüttelnd ab. Ok, auch gut, soll er machen. Zurück im Verkaufsraum, ich warte. Es ist jetzt bereits 16:00 Uhr und an meinem Motorrad wurde bereits über sieben Stunden gearbeitet – der sorgenvolle Blick des Serviceleiters: Wir haben ein Problem! Wieder in die Werkstätte: Sie können die Topflager nicht tauschen, weil sie das Werkzeug dazu nicht haben! Von den Punkten, die ich in Auftrag gegeben habe, ist bis jetzt keiner behoben! Gespräch mit dem Werkstätten Leiter. Er beginnt mit dem Satz: Ich solle seine Unordnung auf seinem Schreibtisch entschuldigen. Das mache ich sehr gerne, aber die Unordnung mit meinem Auftrag macht mich total verärgert. Der Serviceleiter erklärt ihm – auf Rumänisch – die Sachlage. Darauf meint er zu mir, dass ohnehin alles in Ordnung sei?! Jetzt meine Version auf Englisch, zeige ihm meinen schriftliche Auftrag (auf Rumänisch) und dass keiner dieser Punkte erledigt wurde. Dafür viele andere, die ich nicht beauftragt hatte, aber vom Mechaniker als notwendig erachtet wurden. Nach 7,5 Stunden teilt man mir dann mit, dass die Arbeiten, die ich beauftragt hatte, nicht gemacht werden können, weil sie das Werkzeug dafür nicht haben. Rückfrage beim Serviceleiter, ob das so stimmt, der bejaht. Jetzt versteht er mich, entschuldigt sich und meint, dass das nicht in Ordnung sei. Er fragt, wie er mir jetzt weiter helfen könne. Ich: „Indem sie die Topflager auftragsgemäß jetzt tauschen, auch wenn mittlerweile acht Stunden vergangen sind. Ein Spezialwerkezeug ist nicht notwendig, das lässt sich mit jedem gängigen Rohrschlüssel und einer 17er Nuss erledigen.“ Er: „Das können wir nicht“. Ich: „Wie wollen sie mir dann helfen?“ Er: „Wir werden für die Arbeiten nichts verrechnen.“ Damit habe ich zwar einen ganzen Tag verloren, aber zumindest ein halbwegs faires Angebot – dachte ich. Denn einige Wochen später sollte mir dieser Besuch bei BMW in Bukarest noch ordentliche Schwierigkeiten bereiten. Schon bei der Fahrt raus aus Bukarest merke ich „am Hintern“, dass das Gerät unrund läuft?!
Die weitere Geschichte dazu in einer Vorschau:
Drei Wochen später, Albanien, von Elbasan nach Tirana, die Straße steigt leicht an, volle Beschleunigung, der Drehzahlmesser geht in die Höhe, der Tacho eher weniger … die Kupplung rutscht voll durch! Die erste Kupplung hatte 95.000km gelhalten, jetzt sind es circa 60.000km. Nur, dass ich die Erste wesentlich stärker in den vielen Wüstenstrecken belastet hatte. Halt beim nächstgelegenen Hotel. Heute ist Mittwoch, Sigrid kommt am Sonntag nach Griechenland – wir machen gemeinsam Urlaub in Chalkidiki. In Thessaloniki gibt es eine BMW Werkstätte. Rufe Bernhard an, er arbeitet bei BMW Wien. Er fragt nach, bis wann eine Kupplung lieferbar ist -> Freitag früh! Das passt erst Mal. Oliver wird das Ersatzteil am Freitag abholen. Fahre hochtourig, nicht zu schnell und komme bis Thessaloniki. Die neue Kupplung kommt am Sonntag mit Sigrid, Oliver Marlene und Alexander (😉). Janni baut sie an seinem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub ein und ich bin wieder back on Tour!
Die Analyse:
Janni zeigt mir die ausgebaute und zerlegte Kupplung, er ist verwundert, dass nicht die Kupplungsbeläge abgenutzt sind, sondern das Gehäuse circa 1,5 Millimeter eingelaufen ist und jetzt durchrutscht.!
Mögliche Ursache(n)
Die Kupplung hat mehrere Scheiben. Diese Scheiben sind beidseitig mit Belägen und werden mit einer Feder zusammen gedrückt. Die äußere Scheibe drückt gegen das Gehäuse. Das Gehäuse hat keinen Belag, sondern ist nur Metall. Der Reibwert zwischen den Belägen ist höher als zwischen dem Belag der äußeren Scheibe und dem Gehäuse, dh. wenn die Kupplung irgendwo zu rutschen beginnt, dann zwischen dem Gehäuse und dem ersten Kupplungsbelag. Es ist eine Ölbadkupplung. Wenn ein falsches (hochwertiges) Motoröl verwendet wird, kann es zur Folge haben, dass der Reibwert verringert wird und die Kupplung zu rutschen beginnt. Sie rutscht dort, wo der Reibwert am geringsten ist = Äußere Scheibe und Gehäuse.
Der Belag arbeitet durch das ständige Rutschen das Metall ab, fräst sich ins Gehäuse. Der Durchmesser der Beläge ist etwas kleiner als der Durchmesser der Scheibe, dh. es bleibt ein Rand am Gehäuse stehen (wie am Foto sichtbar). Wenn nun der Kupplungsbelag so tief ins Gehäuse eingefräst ist, dass das Metall der Scheibe am überstehenden Rand des Gehäuses zum Anliegen kommt, dann gleitet Metall auf Metall – und nix geht mehr!
Ich kann nur vermuten:
Nach der „Reparatur“ spürte ich wie das Bike ruckt (nur mit dem Arsch spürbar), dachte an einen Elektrikfehler, es war aber eine rutschende Kupplung – sehr wahrscheinlich durch die Verwendung eines hochwertigen Motoröls. Jedenfalls ist das „Rucken“ seit dem Tausch der Kupplung und des Motoröls weg.

1 Kommentar zu “Reise mit – technischen – Hindernissen

  1. Hallo lieber Toni !
    Wie immer ein sehr lebhafter Bericht und was dir passiert ist mit der Kupplung ist ja wirklich zu dumm.
    Freue mich schon wenn wir uns wiedersehen, spätestens bei unserem Vortag.
    l.g.
    Stefan und Michi

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