Neues Bike – Neuer Anlauf

2.10.2023

Die 1200er GS ist zurück in Österreich, mit 230.000 km, davon sehr viele „Dirt Road“,  kommt sie an ihre Grenzen. Die neuere 1250er ist termingerecht in Valparaiso angekommen.

Wien – Zürich – Sao Paulo – Buenos Aires – Santiago de Chile.
Habe nur ganz wenige Handgepäck mit – was braucht’s schon viel für drei Monate mit dem Motorrad. Viele Chancen um irgendwo hängen zu bleiben, aber: Komme überall problemlos weiter. Mit dem Bus vom Flughafen zum Busterminal nach Santiago, von dort weiter nach Valparaiso, die direkte Verbindung vom Flughafen nach Valparaiso, hatte ich noch im Mai genutzt, gibt’s nicht mehr.

Das Apartment OH! SHIT kannte ich schon von früher, liegt ideal und wunderschön – daher auch der Name, auf einem Hang über Valparaiso. Die nächsten Tage verbringe ich mit Jetlag überwinden, SIM Karte organisieren (Die Verkäuferin meldet die SIM Karte auf ihrem Namen an. Die Prozedur für Ausländer ist einfach viel zu aufwändig), Nix tun. Treffe Ronny und die anderen Motorradfahrer am Puerto, der nicht der Frachthafen ist, der liegt zwanzig Kilometer außerhalb. Habe Ronny seinen Lieblings – Whiskeylikör und Tee mitgebracht. Ist im Handgepäck nicht so einfach: Umfüllen in 100ml Fläschchen, dann wieder zurück in die Originalflasche. Ich frage mich schon immer, was diese Regelung beim Fliegen überhaupt bringen soll?
Die Motorräder wurden das erste Mal nach Valparaiso angeliefert, sonst war es immer San Antonio. Es sind noch fünfzehn andere Biker mit dabei. Der Ablauf ist einfach und schneller, wir sind gegen Mittag aus dem Zolllager draußen.

Am nächsten Tag über den Paso Cristo Redentor nach San Juan, Argentinien. Ronny hatte mir erzählt, dass er einige Wochen vorher fünf Stunden für die Grenzkontrollen gebraucht hat, stelle mich mental darauf ein. Die Grenzkontrollen werden seit kurzer Zeit jeweils nur auf einer Seite für beide Länder abgewickelt, schon mal ein Riesenvorteil gegenüber bisher. Fahre zum Zollgebäude, keine Schlange bei der Zufahrt, fahre direkt bis zum Schalter! Migration – Ausreise Chile Einreise Argentinien beim ersten Schalter – zwei Minuten.
Temporäres Permit für das Motorrad: Ausreise Chile dauert keine Minute. Weiter zu argentinischen Schalter. Ein Zöllner kommt auf mich zu: „De donde eres“? „Austriaco“. „Dann sprichst du Deutsch“! Er hat eine deutsche Schule in Buenos Aires besucht, lebt aber seit vielen Jahren in Uspallata (am Fuße der Anden). Er freut sich, dass er sich mit mir auf Deutsch unterhalten kann, das Permit bekomme ich in wenigen Minuten. Natürlich mit acht Monaten, ohne zu fragen. Rede mit ihm, wie die Reglung ist. Er versichert mir, dass es immer acht Monate für Fahrzeuge sind, unabhängig wie lange die Aufenthaltsbewilligung für die Person ist – so viel zu den sturen Zöllner an vielen Grenzen, die ihre Macht demonstrieren wollen.  Bin völlig perplex, nach weniger als 20 Minuten über die Grenze, das gab’s noch nie. Wollte in Uspallata übernachten, bin aber so früh dran, dass ich direkt nach San Juan weiter fahren werde. Die Zeit reicht auch noch um Martin, den ich am ersten Tag meiner Tour 2015 in Uspallata kennen gelernt habe, in seinem Haus außerhalb des Ortes zu besuchen. Er hat eine neue Aufgabe für sich gefunden und baut Häuser in der Umgebung – als Architekt und Baumeister. Seine Frau zeigt mir die Baustelle in einiger Entfernung, auf der ich ihn finden kann, herzliche Begrüßung, Umarmung, Mate! Er hat schon Flüge für die ganze Familie für nächstes Jahr nach Österreich gebucht, da sollten wir uns dieses Mal doch sehen.

Komme noch vor Sonnenuntergang nach San Juan, herzliche Begrüßung bei Mabel, Nito, Tomas, Guadalupe. Zur Baustelle von Damian, der ist einige Wochen mit seiner ganzen Familie in den USA, am Abend das „Begrüßungsasado“ bei Alfredito.

Nito und Miguel begleiten mich kurzerhand zum Paso Pircas Negras, Corona del Inca und Volcancito sind zwei unglaublich schöne Orte auf dem Pass in dem Hochgebirge der Anden – und auch relativ schwierig zu erreichen. Bin froh, dass die Beiden mitmachen. Wo ich noch vor einem Jahr mit etwas Überzeugungsarbeit in Alto Jagüel die Nationalparkwächter überzeugen konnte, dass ich keinen Führer brauche, ist das jetzt nicht möglich. Wir müssen einen Guide buchen. Es dauert etwas, bis der kommt. Letztendlich sehen wir ihn die ersten Kilometer, dann drücken wir aufs Gas und sind weg. Wunderschöne Gegend, bin jedes Mal voll begeistert. Auf 4.500 m ändert sich das Wetter etwas, ein Sturm kommt auf. Vor mir liegen einige Motorräder auf der Strecke, die hat der Wind mitsamt den Fahrern umgeblasen. Die Guides meinen ich muss umkehren, nichts geht. Warte auf meine beiden Freunde, wir beschließen weiter zu fahren. Letztendlich kommen wir bis zur Einfahrt  „Corona del Inca“, aber die fünfzig Kilometer Stichstraße ist nicht zu machen. Orkanartiger Sturm, Schneefelder, Eis, … Etwas enttäuscht kehren wir um – ein guter Grund wieder zu kommen. Abschied von den Beiden, sie fahren zurück nach San Juan, ich möchte nach Tarija, Bolivien.

Einen Plan habe ich noch immer nicht, wird überbewertet. Die Straße Belem, Cafayate, Salta ist wirklich eine der ganz schönen, bin sie nur schon unzählige Male gefahren. Beschließe auf der Fahrt in den Norden kurzerhand in Hualfin abzubiegen und über El Penon, Antofagasta de la Sierra, Antofalla, Tolar Grande nach San Antonio de los Cobres zu fahren. Für mich die schönste Strecke auf all meinen Reisen! Schwierig ist es Unterkünfte zu finden. Gab es vor einigen Jahren nur ein Hotel in El Penon gibt’s mittlerweile viele. Aber auch ganz viele Minen, und die benötigen diese Unterkünfte neben dem stark angestiegen Tourismus. War mit Nito und Miguel vor einem Jahr hier, wir hatten in Tolar Grande eine Unterkunft nur eine Woche im Voraus bekommen. In El Penon gab es bei meinem ersten Besuch Strom nur von 18:00 bis 22:00 Uhr, Internet oder Telefon gar nicht. Jetzt kann man jede Unterkunft mit WhatsApp erreichen. Finde eine freie Cabana in El Penon. Man braucht etwas Glück beim Reisen.

Auch in Tolar Grande finde ich nach langem Suchen ein Zimmer. Die Fahrt selber ist wieder ein Höhepunkt, und das schon bei den ersten Tagen der Tour. Wunderschöne Landschaften, einmalige Eindrücke, schlechte Wege, Steine, Sand, tiefer Sand, alles was man sich nur wünschen kann. Obwohl ich unterwegs Nachfrage – also selbst in dieser abgelegenen Gegend gibt es auf einigen Stellen Internet! – und positives Feedback bekomme, ist das Zimmer in Tolar Grande dann doch belegt. Bekomme ein Zimmer im gemeindeeigenen Hotel, das auch eines der besten im Ort ist. Das Hotel war vor zwei Tagen noch ausgebucht!? Ist besser und billiger, kostet gerade mal 12.-€!  Ich vermute, dass sich die Beschäftigten zuerst ihre eigenen Unterkünfte vollmachen, wenn die dann voll sind, wird man im gemeindeeigenen Hotel untergebracht. Mir soll’s recht sein.

Siete Curvas, Desierto del Diabolo, bestes Wetter. Bei meiner ersten Fahrt vor neuen Jahren war ich auf dieser Strecke keinem Fahrzeug begegnet, dieses Mal ist starker Verkehr (dh. zwanzig LKWs und Pickups auf 200 Kilometer) bedingt durch die neuen Minen rund um Tolar Grande. Salar de Pocitos, ein Zentrum für die umliegenden Minen.

Die Strecke nach San Antonio de los Cobres ist breit ausgebaut. Tanken in San Antonio, weiter, vorbei am Salinas Grande, über die Cuesta de Lipan, Purmamarca nach Tilcara. Nito hat für mich ein ihm gut bekanntes Hotel gebucht, kostet mich 20,-€. Die Wirtschaft in Argentinien leidet unter einer gewaltigen Inflation und Geldentwertung. Allein in der letzten Woche hat der Peso gegenüber dem Dollar oder Euro um zwanzig Prozent an Wert verloren – für mich ein Desaster für das Land. Ist überall DAS Thema bei den Menschen, ich kann mir nicht vorstellen, wie eine Lösung auf normalem Weg aussehen soll.

La Quiaca, Grenze zu Bolivien.

8 Kommentare zu “Neues Bike – Neuer Anlauf

  1. Diese Bilder — so schön! Beneide dich, dort würde es mir auch gefallen. Bin mit e-Velo halt im Tessin unterwegs. Herzliche Grüsse und Hals und Beinbruch. Freue mich immer so von dir zu hören! Brigitte

    • Anton Marschall

      Liebe Brigitte, freue mich immer wieder, wenn Du mich „begleitest“.
      Viel Freude im Tessin.

  2. Servus Toni,
    wir freuen uns wieder von dir zu hören, sehen. Schöne Bilder von dieser herrlichen Wüstenlandschaft. Wir können den März kaum noch erwarten. Alles Gute, nette Begegnunen und rassige Offroad-Routen wünschen wir dir!
    Franz u. Daniela

  3. Tolle Tour und super Fotos. Der Norden Argentiniens ist Landschaftlich schon ein Traum. Wie Du richtig schreibst, ist die Inflation hier im Land ein echtes Drama für die Argentinische Bevölkerung, die uns echt Leid tun.

    Weiterhin gute und sichere Reise.

    Rita und Thomas

    • Anton Marschall

      Hola! Schön von Euch zu lesen und dass Euch auch der Norden Argentiniens 🇦🇷 gefällt.
      Ich bin davon ganz und gar eingenommen.
      Gute Fahrt 🙋‍♂️

  4. Stefan Baschny

    Hallo lieber Toni! Danke für deinen spannenden Bericht, wir träumen auch schon davon wieder auf Reise zu gehen, jedoch hängen wir gerade mit unserem Immobilien Projekt und kommen da nur schleppend weiter. Aber vielleicht können wir 2024 wieder los. Wir merken jedenfalls das uns das Reisen sehr abgeht. Liebe Grüße und weiterhin gute Fahrt Stefan und Michi

    • Anton Marschall

      … und dann komme ich mit meinen Berichten – das ist Brutalität (sic Travnicek).
      Viel Erfolg mit den Immobilien 🤞 und baldige Rückkehr zum Reisemodus 💃🏍️🕺🏍️!

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