Südamerika – Der nächste Anlauf

November 2021:
Mit der BMW nach Hamburg. Mit Olaf Kleinknecht von „Intime“ ist alles abgeklärt. Das Motorrad soll verschifft werden und im Januar 2022 in San Antonio, Chile ankommen. Stelle das Bike im Zolllager in Hamburg ab. Mit dem Flix Bus zurück nach Wien. Die Corona Pandemie strebt gerade wieder einem Höhepunkt zu, überall starke Sicherheitsmaßnahmen.

Januar 2022:
Die Einreise nach Chile ist wegen der Corona-Maßnahmen eine echte Herausforderung. Nicht nur dass anerkannte Impfungen notwendig sind. Diese müssen noch in einem aufwändigen Verfahren „in einen chilenischen Impfpass“ umgewandelt werden.
Dauer bis zur Ausstellung des Impfpasses: Bis zu 4 Wochen.
Gültigkeit des Impfpasses bis zur Einreise: 45 Tage.
Darüber hinaus ist ein PCR Test maximal 72 h vor dem Abflug und eine 7 tägige Quarantäne nach der Ankunft vorgeschrieben.
Eine Registrierung mit all den Daten, Ort der Quarantäne, up load der Unterlagen, …  48 Stunden vor dem Abflug.
Danach erhält man eine Genehmigung mit QR Code für die Einreise. Kontrolle des QR-Codes vor dem Einsteigen in das Flugzeug. Ich entscheide mich für die geringstmögliche Anzahl von Umstiegen – Madrid. Aber selbst für den Transit brauche ich eine Online-Registrierung, mit allen Angaben zu den Impfungen, Gesundheitszustand für einen QR , um in Spanien umsteigen zu können. Alle Voraussetzungen geschafft, Ankunft in Santiago de Chile. Habe bei der Buchung der Flüge eine Woche Quarantäne mit eingerechnet, die wurde einige Tage vorher, bei Vorliegen eines negativen PCR Tests nach der Ankunft, auf die Dauer bis zur Ausstellung des Testergebnisses verkürzt.

Nach der Ankunft: Mit dem QR-Code des „Paso de Movilidad“ = Chilenischer Impfpass auf Grundlage der Impfungen in Österreich zur Registrierung. Laufzettel für den PCR Test. Die Warteschlange ist da schon ziemlich lange. Mit dem Laufzettel zu einem Automaten, QR – wird gescannt und man erhält den Aufkleber für den PCR-Test. Probeentnahme: Verstehe nur nicht, warum sie zuerst in die Nase bohren und danach in den Rachen?!?! Mit dem selben Teststäbchen!
Danach zur eigentlich Einreise: Passkontrolle, Zollkontrolle – das ist im Vergleich zu den anderen Maßnahmen ein Klacks.
Die Fahrt vom Flughafen zur Quarantäne ist nicht mit öffentlichen Transportmitteln gestattet. Taxi oder private Transporte sind zugelassen, wenn sie nicht länger als zwei Stunden dauern. Werden zwei Stunden überschritten, muss auch der Fahrer eine Woche in Quarantäne! Ich suche noch nach einem Telefonshop am Flughafen – SIM Karte für Chile. Finde keinen, ein junger Mann fragt mich, ob ich ein Taxi brauche, meine „ich wollte eigentlich zuerst eine SIM Karte“ – die hat er auch, im Auto.
Hatte in Santiago vorab ein Apartment gebucht, sehr nette Unterkunft mit allen Annehmlichkeiten. Mein Fahrer erzählt über sich, er ist aus Venezuela geflüchtet und lebt seit einigen Jahren in Santiago, werde noch etliche solcher Lebensgeschichten auf meiner Reise hören. Die SIM Karte funktioniert leider nicht, bezahle sie ihm trotzdem. Wir vereinbaren, dass er mich für die Abholung des Motorrades von Santiago nach San Antonio, in das Zollager bringt – Freundschaftspreis für die 120 Kilometer. Auf dem Weg zum Apartment liegt auch ein Shop von entel, des SIM Kartenbetreibers. Hatte bereits am Flughafen feststellen müssen, dass in Chile Maskenpflicht ist – überall, auch im Freien. Sehe Autofahrer, die allein im Auto sitzen – mit Maske! Motorradfahrer MIT FFP2 -Maske UNTER dem Helm! Im Shop: Hände desinfizieren, Temperaturkontrolle. Anmeldung. Ich erkläre mein Anliegen, und es wird noch etwas aufwändiger: Für Mobiltelefone, die nicht in Chile gekauft wurden, muss eine so genannte „Homogolacion“ erwirkt werden. Die Dame ist nicht ganz willens mich zu unterstützen, bleibe aber freundlich hartnäckig, sie stellt für mich den Antrag  – ziemlich aufwändig. Jetzt kann ich gehen und muss auf die Freigabe warten, wie lange das dauert, kann sie nicht sagen. Checke im Apartment ein, jetzt wirklich in Quarantäne. Die Wohnung ist äußerst schön, groß, voll ausgestattet, Balkon – sehr gute Wahl. Schon wenige Stunden später: Das negative PCR Testergebnis. Damit ist die Quarantäne auch schon wieder vorbei. Dass täglich die Aufforderung kommt online meinen Gesundheitszustand und meinen Quarantäneort anzugeben rundet das Bild dann noch ab. Nach zehn Tagen teilt mir das System mit, dass die Zeit nun abgelaufen ist und keine weitere Aktion notwendig. Die „Homogolacion“ des Telefons ist da schon etwas weniger strukturiert, erhalte noch einige Aufforderungen für zusätzliche Angaben über Email, nach einigen Tagen sehe ich dann tatsächlich die Verbindung mit dem Telefonnetz. Alles Bestens!? Da war doch noch was? Also Motorrad habe ich noch nicht. Hatte schon vorab mit Ronny Kontakt aufgenommen, er erledigt die Zollabwicklung im Hafen von San Antonio. Hatte ihn bereits auf meiner Reise 2020 kennen gelernt, rasche Antwortzeiten. Der Container ist bereits angekommen, die Verlegung ins Zollager dauert noch einige Tage. Victor, mein venezolanischer Freund, holt mich zuverlässig um 7:15 von der Wohnung ab. Warte beim Eingang zum Zolllager auf die anderen, der Bus hatte Verspätung, es sind noch Drei, die ihre Motorräder abholen. Die Zollabwicklung ist für uns relativ einfach, Ronny kennt die Leute und den Ablauf. Wir machen unsere Bikes fertig – Batterie anklemmen. Das Motorradgewand, die Stiefel, Helm hatte ich im Gepäck mitgeschickt. Es dauert dann doch etwas länger, weil auf dem Ausdruck für die temporäre Einfuhr die Fahrgestellnummer nicht aufgedruckt war. Ronny weiß, dass die Nummer im System unter der Motornummer eingegeben werden muss, am Permit wird sie dann unter Fahrgestellnummer ausgedruckt. Egal wo, aber ohne der Nummer gibt es Probleme bei der Ausreise. Nun dauert es etwas länger, weil die Änderung des Formulars nicht vor Ort, sondern über die Zentrale in San Antonio erfolgen muss.
Nach einigem Warten, Kaffee vom Automaten, … sind wir dann alle zufrieden. Ich wünsche den anderen alles Gute und beginne meine Reise – jetzt aber wirklich.

In den vergangen Jahren habe ich – fast – alle Andenpässe überquert. Jetzt sind viele aufgrund der Pandemie gesperrt. Mir fehlt nur noch der Paso Vergara, von argentinischer Seite war ich bereits am Pass, die chilenische Seite kenne ich noch nicht. Der Grenzübergang ist natürlich gesperrt, ich mache noch den Abstecher zum Vulkan Planchon-Peteroa. Ist eine nette Gegend, Landschaft, aber auch nicht viel mehr.
Paso Cristo Redentor, von Santiago nach Mendoza – bis zur argentinischen Grenzstation. Der Grenzübergang ist offen, die Ein- und Ausreisen aber sehr aufwändig. Ich werde einige Wochen in Chile bleiben und dann entweder nach Peru, Bolivien oder Argentinien wechseln, wobei Peru die Landesgrenzen seit März 2020 geschlossen hat, die sind jetzt, Januar 2022 noch immer zu!

Weiter nach Norden, fahre alle Pässe an: Agua Negra, Pircas Negras, Paso San Francisco, Paso de Sico, Paso de Jama und: Alle Grenzstellen gesperrt!
Meide die Panamericana und bleibe in den Bergen. Ein Zwischenstopp / Abstecher ans Meer nach Los Choros, ein Muss. Es ist Hauptsaison, die Unterkünfte sind knapp. Finde noch eine Cabanas bei Juan Gaviota. Beim Abstellen des Motorrades merke ich nur noch wie die Leerlaufdrehzahl von alleine hochgeht!? Mit dem Gasdrehgriff tut sich nix mehr!? Ride by wire! Erster Gedanke: Bernhard von BMW Wien anrufen, WhatsApp, Bernhard hebt nach einigen Malen läuten ab. Kurze Begrüßung und gleich zur Sache. Er meint es können drei Dinge sein: Der Sensor am Gasdrehgriff, die Abgasklappe, oder das Regelgerät. Erst jetzt frage ich etwas nach: Er ist mit seiner Freundin gerade in San Francisco – kleine Welt.  Ich habe noch meine Kontaktdaten zu BMW in La Serena, ist eigentlich gleich um die Ecke, gerade mal 100 Kilometer. Schreibe ein kurzes WhatsApp, dass ich am nächsten Tag zu ihnen komme, also wenn ich bis dahin komme!? Zwei weitere Motorradfahrer kommen zu Juan Gaviota, spreche sie auf Spanisch an, sie fragen ob ich englisch spreche, auch gut. Letztendlich sind es Nicolas und Julian aus Deutschland. Sie erklären sich bereit mir behilflich zu sein. Eigentlich ist damit das Problem schon so gut wie gelöst.

Ich überlege:

  • Der Fehler ist im Fehlerspeicher.
  • Wenn ich die Batterie abklemme, wird der Fehlerspeicher gelöscht.
  • Wenn das Regelgerät defekt ist, dann geht gar nichts mehr – abschleppen.
  • Wenn es die Abgasklappe ist, habe ich vielleicht Glück und kann noch fahren.
  • Wenn es der Sensor am Gasdrehgriff ist, werde ich ihn nicht betätigen, sondern mit dem Tempomat fahren, dann sollte eigentlich kein Fehler gemeldet werden.

Klemme die Batterie für einige Minuten ab und wieder an, dann gehe ich ohne weiter zu schauen schlafen – We will see! Frühstück am nächsten Morgen, Juan ist wirklich nervös und macht sich richtig Sorgen. Versuche ihn zu beruhigen. Alles verpackt, Zündung an – keine Fehlermeldung! Fahre ohne Gas an, schalte die Gänge hoch, ab 30 kmh geht’s dann mit dem Tempomat. Schaut sehr gut aus! Meine beiden Begleiter eskortieren mich bis zur Panamericana, dann biegen sie ab über die Berge nach La Serena, ich nehme die Direttissima. Der Serviceleiter in La Serena kann sich noch an meinen letzten Besuch vor zwei Jahren erinnern. Es ist ziemlich viel los, mein Bike wird trotzdem ohne viele Umschweife an das Diagnosegerät gehängt. Zwei Kaffee später die Info: Der Stecker am Gasdrehgriffsensor ist korrodiert, gereinigt, geht wieder. Ich bezahle … wieder nichts! Schon vor zwei Jahren hatten sie mir die beiden Gabeldichtungen kostenlos getauscht, ok die Ersatzteile hatte ich mit, aber nicht einmal die Arbeitszeit.

Ein paar Tage in Copiapo, da gibt es noch einige Strecken, die ich noch nicht kenne. Bei der Auffahrt zum Pircas Negras wieder mehr von der Story „Es ist schon wieder was passiert!“ Auf halber Strecke die altbekannte Anzeige: Reifendruck! und die Luft geht relativ schnell aus. Meine Koffer sind im Hotel in Copiapo. In den Koffern ist das Werkzeug, Reparaturset für die Reifen und der Kompressor. Ich halte mal den Finger auf den Schnitt im Reifen, denke nach und beginne mir etwas Sorgen zu machen. Ein Hilux hält an, zwei nette Chilenen steigen aus. Frage ob sie einen Kompressor haben – haben sie nicht. Weiter mit dem Finger auf dem Schnitt, da hatte ich doch in Italien auf der Via del Armas einen Reifenschaden! Irgendwie dämmert mir, dass ich die übrig gebliebenen Reparaturstreifen und einen Bohrer zum Reindrücken in eine der vordere Taschen gesteckt hatte!? Tatsächlich, finde zwei Streifen und den Bohrer. Dreißig Sekunden später ist die Sache auch schon erledigt. Der Druck im Vorderreifen ist gerade noch 0,5 bar, aber das sollte für die 80 Kilometer zurück reichen. Verabschiede mich von den beiden neu gewonnen Freunden, die mich vor allem mental unterstützt haben. Vorher tauschen wir noch die Kontaktdaten aus und bleiben über die ganze Reise in regelmäßigem Kontakt.
Neuer Anlauf am nächsten Tag: Die Verbindung von Pircas Negras zum Paso San Francisco, unheimlich tolle Landschaft, etwas ausgesetzte Wege, tiefer Schotter, Sand. Die Strecke führt durch eine Mine, Registrierung und Begleitfahrzeug durch das Minengelände. 450 Kilometer Schotterstraßen, teilweise sehr herausfordernd – bin danach schon „etwas müde“.

Diego de Almagro, Potrerillos, Laguna Pedernales – ein wunderschöner Abstecher! Sehr sehenswert.

Von Chanaral bis Antofagasta gibt es dann nur noch die Panamericana. Halt beim Mano del Desierto.
Bleibe einige Tage in Antofagasta – Neue Reifen für die BMW, Relaxing für mich.

6 Kommentare zu “Südamerika – Der nächste Anlauf

  1. Die Nummer mit dem Finger auf dem Schnitt, damit Du nicht noch mehr Luft verlierst und dann erst mal überlegen, ist schon cool – Toni live 😎👍

    • Anton Marschall

      Lieber Thomas,
      Verfolge Euch regelmäßig auf Eurer Tour durch Chile und Argentinien – da kommen viele schöne Erinnerungen auf! Das sind dann meine „Live“ Erlebnisse.
      Gute Fahrt weiterhin,
      Toni

      • Das freut uns Toni und wir wünschen Dir auch eine gute und vor allem sichere weitere Reise und viele schöne Erlebnisse und Begegnungen.

  2. Das freut uns Toni und wir wünschen Dir auch eine gute und vor allem sichere weitere Reise und viele schöne Erlebnisse und Begegnungen.

  3. Hey lieber Toni !
    Vielen Dank für den wie immer tollen Reisebericht immer wieder sehr erfrischend deine Storys
    zu lesen…. und natürlich kann ich viel lernen.
    Weiter gute Fahrt und liebe Grüße aus Thessaloniki.
    Leider ist es zu Zeit noch ungewöhnlich frisch mit 5Grad aber wir sind zuversichtlich, dass
    es bald wärmer wird.
    Bis bald
    Stefan und Michi

    • Anton Marschall

      Liebe Michi,
      Hola Stefan,
      Das ging jetzt aber schnell! Dachte, dass dauert noch bis Ihr losstartet.
      Freue mich schon auf Eure Erlebnisse und Berichte.
      … und das es schnell wärmer wird, und wenn Ihr am Platia Aristotelous in einer der netten Cafeterias für mich einen Cafe Frappe trinken würdet …
      Liebe Grüße aus Tupiza nach Thessaloniki,
      Toni

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