Die Route: 11. – 23. April 2016
Planung im Detail:
- Von Tarija geht eine neue „Death road“ nach Villamonte.
- weiter nach Norden Santa Cruz => BMW Service.
- Über Samaipata nach Vallegrande => Ruta del Che bis La Higuerra.
- Sucre, Potosí, Tarija
Die Strecke von Tarija nach Villamonte ist eigentlich nur 150 Kilometer und trotzdem wird von Google Maps sieben Stunden berechnet. Die Straße zweigt auf dem Weg nach Bermejo bei der Stadtgrenze nach Osten und bereits nach einigen Kilometern ist der Asphalt Geschichte. Es beginnt leicht zu regnen und es wird leicht matschig. Komme trotzdem recht gut voran und auch der Verkehr hält sich in Grenzen. Da es die Hauptverbindung von Santa Cruz in den Süden ist, gibt es hauptsächlich Schwerverkehr und auf der engen und schlechten Straße sind riesige LKW Sattelschlepper unterwegs. Es wird auch am Ausbau der Straße gearbeitet, je nach Baufortschritt wird die Strecke besser, oder aber auch schlechter (Sand, Schotter, …). Das Ganze hat einige Reize, kann sich aber bei weitem nicht mit der „richtigen“ Death road von La Paz nach Coroico vergleichen.
Nach 4,5 Stunden komme ich in Villamonte an, suche nach einem Hotel – natürlich frage ich die Einheimischen. Zwei Burschen bieten sich an mir das beste Hotel der Stadt zu zeigen – genommen! Ein sehr ansehnliches Anwesen wurde zu einem Hotel, Pferdewagen als Dekoration, Swimming pool, pavillonartige Gebäude in denen die Zimmer untergebracht sind. Im Garten laufen frei Pfaue herum und auch sonst ist es ein sehr gepflegtes Terrain. Lediglich das Abendessen wirkt wie in einem schlechten Bahnhofslokal – auch das Essen selber, schade eigentlich. Beim Eingang entdecke ich dann auch noch eine Wertheim Nähmaschine, die wird jedenfalls fotografiert. Frühstück in der „Bahnhofshalle“, dann weiter Richtung Norden nach Santa Cruz de la Sierra. Das ist jetzt bereits die Verbindungsstraße vom Grenzübergang Yacuiba nach Norden, Asphalt wechselt mit Schotter, Baustelle, … Zu Beginn ist es noch hügelig, bis es ins Flachland übergeht, dann ist die Straße bis Santa Cruz durchwegs gut asphaltiert. Ich komme gut voran. Frédéric hatte bereits von Tarija aus mit BMW in Santa Cruz telefoniert, Termin passt. Sie schicken auch eine Wegbeschreibung und Hotelvorschlag. Finde sowohl BMW als auch das unmittelbar danebenliegende Hotel mit dem GPS easy. Zuerst zu BMW: Es ist wieder eigenartig, man sieht, spürt, fühlt, dass man in Bolivien ist, aber sobald man das BMW Gelände betritt ist es als ob man in Wien, München, … wäre. Gepflegt, sauber, die Mitarbeiter im CD/CI Dress – weißes Hemd, blaue Hose. Der Verkaufsleiter hilft mir bei der Übersetzung mit dem Werkstättenleiter – Service, mitgebrachten Vorderreifen montieren, neuer Hinterreifen ist – mehr als – notwendig! Profil unter null. Ich möchte zusätzliche alle Lämpchen getauscht, Bremsbeläge, Bremsflüssigkeiten, Luftfilter, … und: Die rechte Zylinderabdeckung erneuern, diese hatte am Uturuncu Löcher abbekommen.
Die Zylinderabdeckung gibt es nicht als Ersatzteil, sie bieten eine Reparatur an – passt! Ins Hotel: Ein fünf Sterne Haus, das keine Wünsche offen lässt. Das „Zimmer“ hat Wohnraum, Küche, Schlafzimmer, Terrasse, Bad, separate Toilette. Ich bleibe drei Nächte – man weiß nie wie lange die Arbeiten in Bolivien wirklich dauern. Bei der Rezeption frage ich mich durch, ob und wo es gute Zigarren gibt, gibt es – der Rezeptionist ordert ein Taxi, das mich hinbringt. In einem Einkaufszentrum gibt es einen wirklich ansehnlichen Shop mit guten Spirituosen und Tabakerzeugnissen – Cohiba, Partagas, Romeo und Juliet, … Die Kiste Esplendidos um 45.- Euro – kann nicht sein, müssen Fake sein. Ich nehme eine aus der Kiste und bespreche mit der Verkäuferin, dass ich diese in jedem Fall bezahlen werden. Diese Investition möchte ich jedenfalls machen, wenn die Zigarrenblätter gerollt sind kaufe ich sie trotzdem, wenn es nur Abfall ist, kann ich die zwei Euro auch verschmerzen. Ich zerschneide die Zigarre in der Mitte und rolle den einen Teil auf. Ok, sie ist sehr feucht und hat viele Knoten, aber: Es sind ganze Blätter – ich kaufe die Kiste.
Zurück in Hotel und Spaziergang durch die Stadt. Santa Cruz spricht mich nicht besonders an, eine Ansammlung von Häusern, aber mit wenig Charme. Abendessen in einem netten Lokal, Steak, sehr gute Qualität. Frühstück im Hotel ist untypisch für Südamerika, es gibt gute Auswahl und schmeckt auch gut. Bei BMW arbeiten sie am Motorrad, Ölwechsel ist gemacht, Ventile eingestellt, Luftfilter getauscht, Restarbeiten sind noch offen. Rede mit dem Verkaufsleiter wie es weiter geht, den Hinterreifen habe sie noch nicht gefunden, sie sind auch sehr skeptisch einen passenden zu finden. Wir unterhalten uns über meine Geschichte, ich komme auf Frédéric und Tarija zu sprechen – Einer seinen besten Kunden und Bekannten ist … der Hoteleigentümer von Los Seibos in Tarija, durch den ich zu Frédéric gekommen bin!!! Voraussichtlich noch einige Stunden Arbeit, ich soll am Nachmittag wieder vorbeikommen. Ich versuche die Zigarren, als Vergleich habe ich auch eine bolivianische Zigarre in einem Shop gekauft. Leider sind sie viel zu feucht, beim Brennen wird die Glut steinhart und man kann auch nicht mehr ziehen – schade drum. Versuche die Bolivianische: Gleicher Geschmack, gleich feucht, gleiche Eigenschaften … denke es ist die gleiche Zigarre, nur mit Cohiba Aufkleber. Ich finde durch Versuche heraus, wie sie trotzdem rauchbar werden: Vor dem Rauchen lege ich sie zwei Stunden in die pralle Sonne, dort trocknen sie ohne dass das Deckblatt noch einreißt – funktioniert ganz gut, auch er Geschmack wird besser, wesentlich weniger scharf. Um drei bei BMW, das Bike sollte um fünf fertig sein, aber: Sie konnten in ganz Santa Cruz keinen Reifen finden! Jetzt wird´s eng, der Hinterreifen ist bereits so stark abgefahren, dass das Gewebe herauskommt, das macht mich jetzt doch nachdenklich. Um fünf ist das Motorrad noch immer nicht fertig, wir vereinbaren einfach „manana“. Sie suchen noch einmal das Lager wegen Reifen ab, Nada! Ich schaue mich in der Werkstätte um und sehe eine Dimension, die für mich passen könnte – und: Mein Reifen! Nicht ganz neu, aber immerhin. Der Werkstättenleiter darauf angesprochen meint, das ist ein Reifen eines Kunden… Ich: Den sollten wir anrufen, gesagt getan, der Kunde verkauft mir den Reifen für 150,- Dollar – das ist fair und löst mein Problem. In der Früh ist die GS fertig, frisch gereinigt und sieht wie neu aus. Ich bezahle 630.- Dollar, der Hauptteil sind die Ersatzteile wie Bremsbeläge, Luftfilter, … Die Arbeitszeit ist ein geringer Anteil. Auch die Zylinderabdeckung glänzt wie neu – kostet fast nichts … In der Aufstellung finde ich die Lämpchen nicht, Antwort auf die Nachfrage: Haben sie nicht gemacht, da sie ohnehin alle funktionieren!!! So wollte ich das zwar nicht, aber was soll´s, ok.
Vom Verkaufsleiter bekomme ich noch einen Hoteltipp in Samaipata, ins GPS, Hände geschüttelt, Fotos, Suerte und los. Nette Strecke bis Samaipata, bereits beim Verlassen von Santa Cruz leuchtet die Warnlampe – das Scheinwerferlämpchen ist ausgefallen … Finde das Hotel in Samaipata, muss den Eigentümer ziemlich lange aus seinem „Versteck“ klopfen, rufen, bis er mich hört, er hat eine riesige Computeranlage und spielt Computerspiele. Das Hotel selber sieht sehr nett aus, ich bin der einzige Gast. Jetzt macht sich meine Zeitplanung wieder sehr unangenehm bemerkbar, Samaipata ist ein Weltkulturerbe, es gibt von den Inkas riesige Felszeichnungen – dafür reicht meine Zeit nicht. Weiter nach Vallegrande, am Flughafen war Che dreißig Jahre verscharrt, ehe er exhumiert, von Bolivien nach Kuba überführt und im Mausoleum in Havanna bestattet wurde. Tanken, die nette Dame gibt mir den bolivianischen Preis, denke sie wusste nicht wie man den internationalen im System eingibt. GPS einstellen auf „La Higuerra“, Ruta del Che, durch Vallegrande und in die Berge. Irgendwie ist die Wegführung sonderbar, ständig wird re-routed. Nach 80 Kilometer möchte ich wissen was da wirklich los ist, auf der Übersicht sehe ich das Debakel: Ich bin zwar ziemlich nahe an der Ruta del Che, aber am gegenüberliegenden Berg! Kann mehr oder weniger rüber sehen, eine Straßenverbindung gibt es aber nicht – alles retour und: Es ist kein Asphalt, eher ein schlechter bis sehr schlechter Schotterweg … man ist leidensfähig. Zurück in Vallegrande sehe ich meinen Fehler, die Straße zweigt spitz und versteckt in die Zufahrt zur Rute del Che ein – 160 km Schotter zusätzlich. Die Rute del Che ist nicht besonders gut, teilweise steil, grobe Steine, … komme trotzdem gut voran und erreiche La Higuerra am späten Nachmittag.
Der Ort besteht aus einigen wenigen Häusern und: Am Plaza – Eine fünf Meter hohe Statue von Che im grünen Kampfanzug mit Pistole im Halfter, die rechte Hand nach oben gestreckt, zwischen den Fingern eine Habanos – das macht Eindruck. Schräg dahinter eine weitere Gedenkstätte, ein Steinhaufen mit einer überdimensionalen Büste von Che – sehr seltsam, aber:
I am with Che!
Am Plaza ist ein kleiner „Laden“, eine alte Frau steht davor. Ich frage wegen eines Hostals, sie gibt mir zu verstehen, dass sie ein Hostal hat … Ich setze mich zu „Che“ und rauche standesgemäß eine Cohiba – das muss sein. Fotos, auch vom Schulhof wo Che inhaftiert und wahrscheinlich auch am nächsten Tag nach seiner Gefangennahme erschossen wurde. Mit mir sind noch drei junge Leute in La Higuerra, wir kommen ins Gespräch, es sind Argentinier aus Buenos Aires, sprechen gut Englisch. Ich erkundige mich auch bei Ihnen wegen des Hostals, sie reden mit der alten Frau – ja, ja, gleich gegenüber – und ich dachte das ist der Kuhstall. Jetzt sehe ich mir das ganze aus der Nähe an: Es ist wirklich ein Stall, aber: Ok. Ich schlafe gleich neben „Che“! Volles Programm – Schlafsack, Unterlage, … Dusche gibt’s im Nebenhaus, abenteuerlich: Der Eingang ist ca 1,2 Meter hoch, innen 1,8 Meter Höhe, Dusche mit elektrischem Duschkopf. Nicht näher hinsehen, nur duschen … Abtrocknen mit dem Leiberl, Handtuch ist nicht. Das Abendessen bei der Quartiergeberin, die drei Argentinier sind mit dabei. Kartoffel, Gemüse um 80 Cent, ich möchte ein Stück Käse obenauf, das macht dann 1,20 Euro. Die Frau zeigt Bilder, auf denen sie mit Che noch zu Lebzeiten zu sehen ist und auch vom Totenbett, ich kaufe die Bilder. Den Zeitungsartikel, in dem sie einer nordeuropäischen Zeitung ein Interview gegeben hat, fotografiere ich. Nacht direkt neben „Che“ (im Stall). Früh raus, Koffer packen, Zuruf von der Quartiergeberin: Es gibt Frühstück! Also los, Kaffee und ein Maislaibchen, so groß wie ein Fleischlaibchen, all inclusive – das liegt mir noch bis zum Abend schwer im Magen. Ziel für heute ist Sucre, der Weg ist äußerst eindrucksvoll, sowohl landschaftlich als auch von der Streckenführung, sehr fordernd. Es geht durch den Regenwald, ich lese später im Internet, dass die Straße zwei Jahre vorher durch Überschwemmungen sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde – ich kann es ihr sehr nachfühlen.
In Sucre gibt es ein Hotel der Boutique Hotels, dem auch La Pasarela angehört. Frédéric hat für mich ein Zimmer reserviert. Das Hotel begeistert mich, wunderschöner Innenhof, sehr schön gestaltete Zimmer. Sucre begeistert mich auch noch von einer ganz anderen Seite, alles was ich über Bolivien erfahren, gesehen, Eindrücke aufgenommen habe, gilt für Sucre nicht, es ist ganz anders. Ich versuche es zu beschreiben: Sucre ist nicht Bolivien und Bolivien ist nicht wie Sucre! Ich besuche Museen, lerne über die Geschichte von Südamerika (spanischer Teil = High Peru and Plata del Mar) und Bolivien. Über …. Bolivar, Guemes, Belgrano. Spaziergang durch die Stadt, die Menschen in Sucre könnten unterschiedlicher nicht sein zum anderen Bolivien, weiß nicht wie, ist aber mein Gefühl. Monate später wird mir Walter Schmid, ein Schweizer Hotelier in La Paz, schmunzelnd auf meine Beschreibungen antworten: Sucre, das sind die Adeligen, die Blaublütigen, das ist nicht wie Bolivien. Abendessen am Plaza, im ersten Stock, Überblick über das Geschehen am Plaza. Kinder betteln mich am Plaza an, „Schuhe putzen gefällig“, ich willige ein. Beim Zahlen merke ich, dass ich überhaupt keine Münzen habe, der kleinste Geldschein 100 BOB. Ich lade die beiden auf ein Eis ein, bezahle den vermeintlichen Betrag, sie wollen mehr, jetzt reicht es, ich verscheuche sie – Leider auch die unangenehmen Erfahrungen. Geldabheben, bei der Cajero automatico. Als ich reingehe sehe ich eine Mastercard aus dem Schlitz ragen. Ich ziehe die Karte, ein englischer Name, Ablaufdatum in einem Jahr?! Nach dem Abheben bleibe ich noch 10 bis 20 Minuten vor dem Automaten – niemand kommt. Die Bank, zu der der Automat gehört, hat geschlossen, als jemand aus der Tür kommt gebe ich ihm die Karte, wäre gespannt ob der Besitzer die Karte auf einfachem Weg wieder bekommen hat?!
Meine Tour endet hier, jetzt geht es nur mehr zurück nach Tarija, wo ich mein Motorrad wieder für die nächsten Monate bei Frederic abstelle. Über Potosí in einem Tag ins Hotel La Pasarela. Das Stilllegen geht jetzt bereits wie von selbst, alles in wenigen Minuten erledigt. Abschied von den De Keysers, Maira wird sehr bald Mateo zur Welt bringen. Das Taxi kommt etwas spät, ich vergesse auch noch meine Brille im Hotel, wieder zurück. Trotzdem geht sich alles gut aus, Zwischenstopp mit Nächtigung in Santa Cruz.
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