Vom Ozean in die Selva

Die Route: September 2017

Neues Ziel

Nachdem es im Frühjahr sehr lange und heftig geregnet hatte, war jetzt eine ausgesprochene Trockenheit – ideal für die Selva!

Am Morgen noch zu Touratech in Lima, ich brauche einen Satz Reifen mit auf die Reise. Ivan hat alles parat, das Top Case wird auch noch etwas ausgerichtet – wurde beim Highsider etwas ramponiert. Mit Ivan rede ich über meinen Plan, er kennt einiges davon und erzählt besonders über das Pantanal Norte – das wollte ich eigentlich auslassen … Für Peru ist sein Tipp Huancaya, das hat mir bereits ein Minenarbeiter auf der Fahrt nach Lima eindrucksvoll geschildert. Die Strecke ist wirklich sehr schön, einspurig, mit Mack im Gegenverkehr!!! Ich bleibe zwei Tag in Huancaya, der Ausflug in den Talschluss nach Vilca lohnt sich – tolle Fotos.

Am nächsten Tag durch eine enge Schlucht Richtung Huancayo, die Stadt selber umfahre ich, war schon im Mai einige Tage dort. Tagesziel ist Ayacucho, finde ein nettes Hotel direkt im Zentrum. Den Weg nach Cuzco über Abancay bin ich schon gefahren, Alternative: Nördlich im Bogen über Machu Picchu, da komme ich auch an Santa Teresa vorbei, der alternative Zugang nach Machu Picchu. Bis San Francisco eine tolle Bergstraße, dann wird es etwas unangenehm – tiefer Schotter. Ich bin schon am Rand zur Selva und es wird ziemlich warm. In einem Bergdorf Halt bei den Obsthändlern, die Kinder sind nicht scheu, klettern auf dem Bike herum, Fotos mit Polizisten,  Zöllnern, … auf der BMW. Bei Pichiwilca geht`s in die Berge nach Kiteni, auf dem Weg ein voll bepacktes Bike – Micha aus Augsburg kommt mir entgegen. Wir unterhalten uns über unsere Reisen und die Strecke. Micha ist seit drei Monaten in Südamerika unterwegs, über die Strecke von Kiteni nach San Francisco erzählt er von den Warnungen der Polizei nicht nach 17 Uhr über den Pass zu fahren.

Zu gefährlich, weil hier das letzte Rückzugsgebiet des ¨leuchtenden Pfad¨ ist – eine leninistische-marxistische-maoistische Terrororganisation, die bis in die späten 90er Jahre bis zu 60 Prozent des Gebiets von Peru unter Kontrolle hatten. Ihr Terrorchef Guzman wurde verhaftet und sitzt im Gefängnis. Micha hat über fünf Stunden von Kiteni über den Pass gebraucht, es ist schon ein Uhr und wir machen eine kurze Verabschiedung, ich möchte jedenfalls heute noch über den Pass. Letztendlich geht es doch ziemlich einfach und flott, nur die ersten 50 Kilometer sind Naturstraße, alles andere ist asphaltiert. Am Pass selber ist eine Polizeikontrolle, die Polizeistation ist  mit Sandsäcken wie ein Fort ausgebaut – zeugt  von der Angst vor Terrorüberfällen. Danach eine wunderschone Bergstraße und ich bin um vier Uhr in Kiteni. Auch hier ist die Polizeistation verbarrikadiert, die Polizisten mit kugelsicheren Westen. Fotoshoting mit kugelsicherer Weste auf der BMW. Im Hotel haben sie leider keinen Parkplatz??? schweren Herzens parke ich auf der Straße. Mehr aus psychologischen Gründen schalte ich die Warnanlage ein – bereits nach 10 Minuten höre ich auf meinem Zimmer die Hupe, als ich runter komme ist niemand beim Bike, alle schauen vollkommen beteiligungslos durch die Gegend. Ich schlafe trotzdem gut. Über Quillabamba nach Ollantaytambo. Quillabamba ist das Zentrum des Kakaoanbaus in Peru. Riesige Farmen, Häuser verraten auch einen gewissen Reichtum in der sonst eher armen Gegend. In Ollantaytambo nächtige ich wieder beim ¨Großvater am Fluss¨ – Hotel Abuelo Riverside, hier war ich schon mit Sigrid im Mai auf unserem Weg nach Machu Picchu. Nächstes Ziel ist Puerto Maldonado, durch das Valle Sagrada in die Berge, es geht noch einmal bis knapp 5.000 Meter in die Höhe ehe ich in den Regenwald eintauche – im wahrsten Sinne des Wortes, es beginnt gleich heftig zu regnen. Nettes Hotel in Puerto Maldonado, Abendessen vom Feinsten im Restaurant Borgos. Der Weg nach Assis Brasil ist unspektakulär, überall am Wegesrand Brände, hier wird nicht lange gefackelt, statt ackern wird abgebrannt. Migracion und Zoll auf peruanischer Seite sind schnell erledigt. Migracion in Brasilien dauert einige Zeit, für die temporäre Einfuhrgenehmigung meines Motorrades brauche ich etwas länger – Mittgszeit …

Die Zöllnerin kommt pünktlich um zwei vom Essen – nächste Überraschung: Sie spricht perfekt Englisch!!! Hat man mir ganz anderes über Brasilien berichtet. Nach zwanzig Minuten habe ich die Zollerklärung. Weiter nach Brasileia, die Stadt ist mit Cobija auf bolivianischer Seite ohne Grenzformalitäten passierbar – ich suche mir ein Hotel auf der bolivianischen Seite. Am morgen auf endlosen, geraden Straßen, vorbei an riesigen Farmen, Bränden am Wegesrand nach Rio Branco. Bis jetzt ist  diese Tour überhaupt eher eine lockere Urlaubsfahrt, ganz anders als die bisherigen Reisen. Kurz vor Abuna eine Fähre über den Rio Madeira, die Brücke über den Fluss ist noch im Bau. Am Abend halte ich in Guajara-Mirim. Grenzstadt mit Bolivien, der Grenzübertritt erfolgt mit Fähren. Die Kommunikation ist etwas schwierig, ich spreche kein portugiesisch, die Leute in der Stadt ausschließlich. Beim Zoll bekomme ich keine wirklich brauchbare Auskunft. Die Migracion der Federal policia finde ich auf Hinweis in einem anderen Ortsteil – die haben jedenfalls am Samstag von 6-8 Uhr geöffnet! Um 7:00 habe ich meinen Stempel für die Ausreise im Pass, jetzt zum Zoll. Der Zöllner winkt nur ab und verweist auf die Barca??? Wenn die Barca kommt, bekomme ich den Ausreisestempel??? Ich warte … die Personenfähren sind munter unterwegs, es kommen ständig Leute an, fahren ab, keine Barca … Ein interessierter Brasilianer nimmt sich meiner an, wir reden über meine Reise – mit reden meine ich Zeichen- und Körpersprache. Letztendlich bringt er in Erfahrung, dass die nächste Fähre erst am Montag geht!? Das passt mir nicht wirklich, Guajara-Mirim ist nicht der Platz mit ausgesprochenem Wohlfühleffekt. Ich überlege: Wenn es keine Barca von Brasilien nach Bolivien gibt, vielleicht gibt es eine in die andere Richtung. Mit der Personenfähre nach Bolivien. Ich suche den Hafen für die Lastschiffe, finde ein offenes Büro und: Sie fahren in 20 Minuten mit einem Wagen auf die andere Seite, auf der Rückfahrt kann ich mitfahren – na geht doch!!! Zurück nach Brasilien, dem Zöllner erklärt, dass ich eine Barca in Bolivien gefunden habe und meine Ausreise möchte – der wiegelt ab … nach einer Stunde läuft das Schiff im Hafen ein, ich zum Zöllner, der ist etwas verdutzt, nimmt mein Zollpapier und meint: ¨Alles ok¨. Ich Richtung Schiff, ein Mann kommt nach und hält mich an, es fehlen irgendwelche Daten auf dem Dokument … mein Beruf!!! Ich erkläre ihm, ich habe keinen Beruf!!! Ein weiterer Mann stürmt herbei und erklärt mit heftigem und lautem Geschrei, dass ich nicht mitfahren kann!? Er weist das bolivianische Schiff an abzufahren, was die mit entschuldigenden Gesten tun. Jetzt werde ich etwas ungehalten, ich denke der Schreier ist der Hafenmeister von Guajara-Mirim und möchte das Geschäft für Brasilien machen, er meint ich solle mir zwei schöne Tage in Gujara-Mirim machen, wir schreien uns beide an … Das Schiff hat bereits losgelegt und ist abgefahren. Ich bin ziemlich angefressen … Vom Zolloffice kommt ein Zuruf, dass jetzt alles in Ordnung sei und ich mitfahren könne!!!??? Die bolivianische Fähre ist noch in Rufweite, ich rufe ihnen zu, dass ich doch mit kann. Der Schreier ist nach wie vor ungehalten, trotzdem kommen sie zurück, was mit der schwer manövrierbaren Barca einige Zeit dauert. Noch ein Problem: Irgendetwas fehlt noch auf dem Zolldokument … Die Zöllnerin in Assis Brasil hat keinen Stempel auf das Dokument gesetzt!!!??? Bis die Barca wieder angelegt hat ist auch das geklärt, ich bekomme mein Ausreisedokument. Jetzt noch die Bezahlung: Der Hafenmeister besteht auf seine Vergütung, ich bezahle die fünfzig Real, fahre schnell und erleichtert auf das Schiff  – ich bin der einzige Passagier.

Beim Losfahren bleiben wir noch im Sand stecken, nach einigen Hin und Her kommen wir los, auf nach Bolivien. Finde die Migracion am Passagierhafen, der Zöllner lernt meinen Reisepass auswendig. Er rechnet jede Aus- und Einreise nach, fotokopiert jede Seite, zählt die Tage und: Alles stimmt!!! Damit bekomme ich meinen Einreisestempel. Weiter zum Office der Aduana, sie liegt etwas außerhalb. Die Leute sind äußerst nett, es dauert zwar seine Zeit, aber sie sind freundlich und hilfsbereit. Durch Guayaramerin ist Baustelle, am Plaza vorbei Richtung Ausfahrt. Bei der Ausfahrt ein Polizeischranken, ich werde angehalten, nach einigen Minuten kommt ein Polizeiwagen, Halt, der Polizist springt aus dem Auto, kommt auf mich zu und redet urschnell und urviel auf mich ein – verstehe nur Bahnhof. Er hat ein ziemlich martialisches Gehabe, Pistolenhalfter auf Kniehöhe, strenger Blick, wilde Gestik, lautes Organ … wie man sich eine Autorität eben so vorstellt. Mit der Zeit bekomme ich mit, dass ich eine Verkehrsübertretung gemacht habe, am Plaza bin ich gerade durchgefahren anstatt im Kreis!? Das war nicht gekennzeichnet, trotzdem: Ich muss mit  zurück auf die Wachstelle. Die Polizei voraus, ich hinten nach. Nach einem Kilometer bleibt der Wagen stehen, der Macho steigt aus und erklärt mir, dass wir auf die Wachstube fahren können, oder die Angelegenheit auf einfachem Wege hier erledigen – 100 Bolivianos wären ok, passt! Geschäft gemacht, er bekommt die elf Euro, ich bin ihn los. Die Polizei in Bolivien ist als äußerst korrupt bekannt – kann ich leider nur bestätigen und hemmt die Entwicklung des Landes in vielen Lebensbereichen. Nach Riberalta sind es 84 Kilometer, super Asphalt. Im Hotel Colonial beziehe ich ein wunderschönes altes Hotel – das gefällt mir! Es sind weitere alte Häuser im Kolonialstil in der Stadt, etwas heruntergekommen, aber sehr nett. Abendessen am Plaza, reges Treiben, irgendwie kommen mir die vorbeifahrenden Mopeds, und davon gibt´s echt viele, bekannt vor. Die Mopeds sind mit einer ganzen Familie besetzt, mindestens die Eltern mit einem Kind, einige mit drei Kindern – auf einem Moped! Und: Sie fahren ständig im Kreis um den Platz, ich sehe sie zig Male um den Plaza kurven???

2 Kommentare zu “Vom Ozean in die Selva

  1. Stefan Baschny

    Hallo lieber Toni
    Wiedermal ein tolelr Bericht
    Freu mich schon auf Bilder
    Weiter gute Reise
    liebe Grüße aus Wien
    Stefan

  2. Gabi + Michi

    Hallo Toni, toller Reisebericht und du hast ja Nerven wie Drahtseile. Das würden Gabi und ich nicht aushalten. Zuerst könnten wir die unfahrbaren Wege nicht sturzfrei bewältigen und die Behördenformalitäten würden uns den Rest geben. Also einfach unglaublich wie du das alles schaffst. Die Fotos sind so gut, daß ich künftig keine mehr von unseren bequemen Urlaubsfahrten mehr verschicken möchte.
    Also von uns alles gute uns pass auf.

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