Anlauf mit Schwierigkeiten

September 2022

Den Flug nach Argentinien hatte ich schon früh gebucht. Damit es keine unangenehmen Überraschungen gibt: Lufthansa.
Tage zuvor dann die ersten Meldungen über mögliche Streiks des fliegenden Personals. Am Tag vor dem Abflug: Streik am Tag nach meinem Flug – alles Bestens. Genieße noch – wahrscheinlich zum letzten Mal – meinen Status als Vielflieger und nütze die Lufthansa Lounges in Wien und Frankfurt noch einmal aus. Eine halbe Stunde vor dem Abflug zum Gate, warten auf das Boarding. Zehn Minuten vor dem Abflugtermin: „Der Flug ist wegen technischer Probleme abgesagt!“ Also das finde ich geht gar nicht, wie sich später herausstellt eine dreiste Lüge. Das fliegende Personal hat einfach den Flug schon einen Tag vorher bestreikt.
Die Passagiere wurden einfach verars…. , und die Erklärung „technische Probleme“ zeigt die fehlende Aufrichtigkeit des Unternehmens im Generellen.
Nach meiner Meinung eines deutschen Unternehmens unwürdig.
Spießrutenlauf zu den Schaltern für Taxis und Hotelbuchungen. Zwei Stunden warten in der Schlange. Die erste Info: Der Flug wird auf morgen verschoben – ich denke mir noch: Da wird doch gestreikt?! So ist es dann auch. Im Endeffekt werden es zwei Tage im Hotel in Frankfurt.

Ich habe einen Anschlussflug von Buenos Aires nach San Juan, der ist natürlich nicht mit Lufthansa sondern mit Aerolinas Argentina. Bin bereits eingecheckt, normalerweise ist damit auch eine Änderung nicht mehr möglich – aber: Meine Freunde in San Juan erledigen das Ganze ohne Probleme. Für den gebuchten Flug wird einfach für zwei Tage später ein anderes Ticket ausgestellt. So geht Kundenservice!

Das Motorrad ist noch in der Werkstatt. Es mussten noch Ersatzteile organisiert werden, daher war eine Einfuhr des Motorrades von mehr als 90 Tagen für das Temporäre Permit beim Zoll beantragt und genehmigt worden. Beim Zoll – AFIP – in San Juan eine Angelegenheit von zehn Minuten und die Verlängerung ist im Permit eingetragen. Muss Argentinien binnen zehn Tagen verlassen. Fahre über den Paso Cristo Redentor nach Santiago de Chile. War bereits in Februar, noch zu Zeiten der sehr strikten Corona Regeln, den Pass von der chilenischen Seite hinausgefahren – allein. Jetzt ist der Andrang an den Grenzen auf beiden Seiten sehr groß. Am Pass in Portillo wird noch Schi gefahren. Möchte nur eine Nacht in Santiago bleiben. Im Hostal treffe ich Ronny. Er erledigt die Zollabwicklung für ankommende Motorräder mit Containerschiffen im Hafen.
Erste Nachrichten über Cristo Redentor: „Ein LKW brennt im Tunnel – derzeit gesperrt.“
Einige Stunden später: „Die Wettervorhersage prophezeit heftige Schneefälle für den nächsten Tag. Chile ersucht Argentinien die Grenze zu schließen“ –> das erfolgt dann auch.
Also zwei Tage in Santiago – vertreibe mir die Zeit. Möchte Reifen kaufen – abgekürzt: Erfolglos.

Am nächsten Tag Richtung Grenze. Die Sperre hat Nachwirkungen. Etwa 60 Kilometer Stau vor der Grenze, Autos, LKWs. Das Gute beim Motorrad: Stau ist nicht. Fahre die 60 Kilometer rechts und links an den stehenden Autos vorbei – dauert zwar etwas länger, komme aber gut voran. Höre später von anderen Motorradfahrern, dass sie vier Stunden warten mussten. Zollabfertigung auf der Seite von Chile: Zwanzig Minuten. Durch den Tunnel Richtung Passhöhe – ich kann bei bestem Willen keinen Neuschnee entdecken, auch auf den Schipisten ist nur der Altschnee. Zollabfertigung in Argentinien: Sehe schon die Autoschlange vor dem Zollgebäude. Das wird länger.

Fahre dann noch an der Hälfte der Schlange vorbei, bevor ich mich einreihe – und es wird länger. Nach drei Stunden bin ich an der Reihe: Migration geht ganz schnell, das Temporäre Permit bei AFIP dauert etwas länger, aber: Zu meiner Überraschung bekomme ich ohne zu fragen einfach acht Monate für das Motorrad – kann es nur jetzt noch nicht brauchen. Bekomme auch noch einen Zettel, der ist für die Kontrolle der Gendarmerie zwanzig Kilometer nach der Zollabfertigung. Circa zehn Kilometer Stau vor dem Kontrollpunkt – also nicht für Motorräder.
In Summe wäre das an einem Tag nicht zu schaffen gewesen …

Besuche Martin in Uspallata. Sein Haus ist mittlerweile fast fertig und sehr schön geworden. Über die Ruta 13 nach Mendoza und San Juan.

Mit Nito und Miguel haben wir eine gemeinsame Route durch den Norden Argentiniens zusammengestellt. Teilweise die Route, die wir aufgrund von Erkrankungen im März abgebrochen hatten.

Weil noch einige Tage dazwischen frei sind fahre ich allein Richtung San Luis, weiter von Nogoli nach Trapiche, Villa Belgrano, Abstecher nach La Cumbrecita, Cordoba, Camino Cuadrado. Ein wirkliches Highlight ist aber „Tuneles de Taninga“. Es ist nicht nur eine wunderschöne Straße und Landschaft, nach einer Tunnelausfahrt: Unzählige Vögel => Geier und davon viele Kondore! Wusste überhaupt nichts davon und genieße die Eindrücke. Es sind im Gegensatz zum Colca Canyon in Peru auch kaum Leute da. Ein echter Höhepunkt meiner Reisen.

Die Ruta 20, ein Strich mit dem Lineal in der Landkarte. 100 Kilometer durch die Pampas. Die feine Schotterstraße entwickelt sich mit der Dauer zur feinen Sandstraße, und das oft sehr tief. Ich übe das Aufstellen des Motorrades. Einige Tage in Chilecito, Mina La Mexicana. Treffe Nito und Miguel auf der Straße nach Cajamarca. Das gelbe Dreieck und die Motorwarnlampe, verbunden mit dem Umschalten auf Notbetrieb, kommt immer wieder. Aus, einige Zeit warten, Ein => geht zwar wieder, aber ganz ruhig lässt mich das Ganze nicht. BMW Berlin in Tucuman ist in der Nähe. Das Diagnosegerät zeigt an: Gasgriff tauschen („Ride by wire“) und das Beste: Sie habe sogar einen als Ersatzteil. Nach zwei Stunden sind wir wieder unterwegs.

Cuesta del Chilca, Cuesta del Clavillo, National Park Calilegua, Quebrada de la Flechas, Cuesta del Obispo, Quebrada da le Conchas, Tolar Grande, Antofalla, Antofagasta de la Sierra, El Penon, …
Am Parkplatz im Hotel fällt mein Blick auf den Hinterreifen – Profil? War einmal. Bei Nito: Nur marginal besser. Reifen und Argentinien, eine Hassliebe. Gibt es nicht und wenn dann kann man sie „nur mit Blut bezahlen“. Meine beiden Freunde finden trotzdem welche in San Juan – ist gerade so 1.000 Kilometer weiter südlich. Umfrage im Freundeskreis, ein LKW Transport wird die Reifen mitnehmen, am nächsten Tag treffen wir den Fahrer bei einer Tankstelle.

Kenne vielleicht nicht so viele Gegenden von dieser Welt, für mich sind Tolar Grande, Antofalla, Antofagasta de la Sierra die herausragendsten und beeindruckendsten Plätze und Orte die ich besucht habe. War schon einige Male hier, sicher nicht das letzte Mal.

Dort wo zwei Wochen vorher unsere gemeinsame Tour begonnen hat verabschieden wir uns auch wieder, für mich geht’s in Richtung Bolivien weiter. Zwei Tage Zwischenstopp bei BMW Berlin in Tucuman, die Dichtungen an der Vordergabel sind fertig. Apartment mit Waschmaschine – da ist einiges überfällig.

Es waren wieder „einige“ Kilometer, und der Vorderreifen geht auch dem Ende zu. Bei Benavides (fährt für KTM die Dakar) in Salta gibt es Einen zu einem erschwinglichen Preis, eine Dimension kleiner, dafür höher – also passt!

Nächster Halt: Bolivien

13 Kommentare zu “Anlauf mit Schwierigkeiten

  1. Toller Beitrag und mal wieder Adventure pur.

    • Anton Marschall

      Hola Rita,
      Servus Thomas,
      Schön von Euch zu lesen! Freue mich immer wieder über Eure Beiträge in den unterschiedlichen Medien.
      Gute Fahrt weiterhin
      Anton

  2. Wolfgang hos

    Hallo Toni,
    schön mal wieder was von dir zu lesen, anscheinend geht es dir gut und freut mich sehr.

    Meine Motorräder sind letztes Jahr fast nur zum Pickel bewegt worden, traurig was ? Hoffe das ich nächstes Jahr mal wieder die Guzzi bewege. Vielleicht schaffen wir ja mal eine Mini-Tour, zumindest bis zum Eissalon 🙂

    Alles Gute und Pass auf dich auf…

    • Anton Marschall

      Hi Wolfgang,
      Die zwei Jahre Entzug waren schon eine harte Zeit – Auch wenn ich jetzt nach drei Monaten froh bin wieder nach Hause zu kommen. Abschalten, Ausspannen …
      Liebe Grüße
      Toni

  3. Hola lieber Toni! Wie immer ein super spannender Bericht. Unglaublich was Mensch und Maschine aushalten. Gute Heimreise und bis bald in Wien Stefan und Michi

    • Anton Marschall

      Buenos Dias Michi,
      Hola Stefan,
      … auch wenn meine Regeneration schon etwas länger braucht 🤗. Da hilft dann auch ein Zusammentreffen mit Euch, Frühstück, Tee, … und der Austausch. Freue mich schon drauf.
      Saludos
      Toni

  4. weiterhin gute Reise mit LG aus Rio de Janeiro – Thomas

    • Anton Marschall

      Da gibt’s viel schlechtere Orte auf dieser Welt 🌍!
      Eine tolle Destination.
      Disfrutar Rio 🤩

  5. Lieber Anton, danke für den Bericht und die schönen Bilder! Sah es am morgen und musste es sofort lesen! Hier ist es kalt und uch träumte dann von Sonne und Wärme!
    Weiterhin gute Reise und heb dir Sorg!
    Herzliche Grüsse
    Brigitte

    • Anton Marschall

      Liebe Brigitte,
      Freue mich von Dir zu lesen! und hoffe dass es nicht nur beim Träumen bleibt -> vielleicht ein Abstecher in die Sonne?!
      Jetzt wird es wirklich Winter! Aber auch für mich – warte gerade in Buenos Aires auf meinen Flug nach Hause.
      Herzliche Grüße, Anton

  6. Lieber Anton, danke für den Bericht und die schönen Bilder! Sah es am morgen und musste es sofort lesen! Hier ist es kalt und uch träumte dann von Sonne und Wärme!
    Weiterhin gute Reise und heb dir Sorg!
    Herzliche Grüsse
    Brigitte

  7. Kurt Arbter

    Hallo Toni
    Ein super Reisebericht, ein Vergnügen dieses zu lesen.
    Ich wünsche dir weitere gute Fahrt und gesundbleiben. Ich freue mich schon sehr auf ein Wiedersehen und deine Erzählungen von den Erlebnissen.
    Lg Kurz

    • Anton Marschall

      Lieber Kurti,
      Freue mich wieder von Dir zu lesen, vielen Dank.
      Das mit den guten Wünschen kann ich sehr gut gebrauchen.
      Freue mich auf‘s Wiedersehen,
      Toni

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