Peru – Schwierigkeiten der anderen Art

16.3.2023

Der Hurrikan Yaku hat in Kolumbien, Ecuador und im Norden Perus einiges an Regen gebracht. Viele Straßen sind durch Vermurungen unpassierbar, überschwemmt. Eine interaktive Karte zeigt aktuelle Straßensperrungen.  Die Ausläufer des Unwetters sind nun auch im Süden bemerkbar. In  Lima und südlich davon sind „Wüstengebiete“ von Überschwemmungen betroffen. In der Stadt alles trocken, ohne Vorwarnung ein Stadtteil mehr als einen halben Meter unter Wasser. Ich möchte in die Anden, in Richtung Cerro de Pasco. Das ist zwar „keine Stadt zum Ankommen“ wie Helmut Qualtinger so schön formuliert hätte. Sie liegt auf dem Weg nach Huanuco und die Cordillera Blanca. Die Straße ist an vielen Stellen überflutet, Erdrutsche, komme immer wieder durch. In Canta Boxenstopp, Kurzabstimmung mit den Einheimischen, Wetterbericht Pasco: Heftiger Regen voraus, in Cerro de Pasco: Schneefall – liegt auch auf 4.300m Seehöhe. Ich beschließe umzukehren und den direkten Weg in die Cordillera Blanca zu nehmen. Die Panamericana ist ohne Probleme befahrbar, zumindest bis Casma, dort soll die Brücke eingestürzt sein?! Also „problemlos“ ist nicht immer wortwörtlich zu nehmen. Die Panamericana verzweigt sich in Ancon, eine Straße durch das Landesinnere, eine entlang der Küste.

Bin vor Jahren diesen Küstenabschnitt gefahren und nur knapp einer „leichten Katastrophe“ entkommen. Durch Bauarbeiten wurde der Verkehr angehalten. Busse und LKWs in der Warteschlange, ich mittendrin. Schau was los ist, sehe auf einmal viele Menschen mit blutenden Köpfen, Körpern, zwischen den Fahrzeugen herumwanken, beim Blick zum Berg: Ein LKW versucht anzuhalten, es geht sich nicht aus und er kracht, so wie einige schon vor ihm, in die stehende Kolone und schiebt die Fahrzeuge weiter zusammen – daher auch die vielen Menschen mit den Verletzungen. Dieser LKW schiebt die Kolone so weit zusammen, dass der Bus hinter mir bis einige Zentimeter an mein Motorrad heran geschoben wird. Start und weg! Nach oben weg, ein LKW mit Hänger kommt quer zur Fahrbahn in Richtung der stehenden Kolone heran gerutscht, das Führerhaus hängt über die Straße in die Tiefe. Das sind dann doch etwas mehr als 100 Meter steil zum Meer hinunter. Er bleibt zum Glück auf der Straße, kracht aber in die stehenden Fahrzeuge und schiebt sie noch weiter zusammen. Nach oben geht jetzt nix mehr, der LKW hat die Straße voll super abgesperrt, das Führerhaus über den Abhang zum Meer hängend, die Rückseite an die Felswand gelehnt. Umdrehen in Richtung bergab, komme an die Stelle der Absperrung: Notdürftige Ausbesserungen an Schlaglöchern. Kümmere mich nicht um die „Wachler“, fahre einfach durch.
War dann einige Jahre später noch einmal da, ein Touristenbus ist den Abhang hinuntergestürzt, Fazit: 53 Tote, 5 deutsche Touristen. Da möchte ich doch wieder hin! Die Mautstelle umfahre ich wie in Peru mit Zweirädern üblich, komme gut voran. Einige Fotos als Erinnerung an die Erlebnisse. Ein Polizeifahrzeug an der Seite, nimmt die Verfolgung auf, stoppt mich. Dokumente, kein Problem. Bis einer meint: Da darf ich überhaupt nicht fahren! Fragezeichen bei mir. Er erzählt von den Unfällen (siehe oben) und das die Strecke seitdem nur für den LKW Verkehr zugelassen ist, also ich hab nix gesehen, gelesen. Längere Unterredung, dann leider etwas, dass mir nicht so gut gefällt: Mit zu Polizeistation, Fahrzeug wird konfisziert, Strafe, … oder!?!? Was ich bis jetzt nur in Tschetschenien und Dagestan tun musste, weil ich nicht umhin konnte: Korrupte Polizisten! Irgendwo im Nirgendwo, viel Aufwand, unsicher wie lange es dauert, was kommt … beschließe ich schweren Herzens die 50,- Euro zu bezahlen. Geht mir voll gegen den Strich, aber …  Sie begleiten mich noch ein Stück, ehe sie umdrehen. Einige Peruaner mit Motorädern kommen mir auf der Straße entgegen, Fischer. Leider eine weitere unangenehme Erfahrung in Peru.
Zweige in Richtung Huaraz ab, allerdings nicht allzu weit: Straßensperre, die Straße ist überflutet, was man auch sehr gut sehen kann. Ist noch ganz frisch, in der interaktiven  Straßenkarte noch nicht angegeben. Weiter nach Norden, die Brücke der Panamericana in Casma ist wirklich eingestürzt, schrecklicher Stau, also für die Autos. Komme rechts / links, über das Bankett schnell vorbei, die Cordillera Blanca verschiebe ich jetzt einmal. Die Zufahrtsstraßen sind alle unterbrochen.

Trujillo, weiter nach Norden. An der Panamericana hatte ich vor etliche Jahren Leon kennengelernt, der ist mit seinem gelben VW Käfer von Alaska nach Ushuaia gefahren, ohne Geld! Aber mit einem Filmteam im  Anhang. Er hat seine Reise als Netflix Serie verfilmt, „The Kindness Diaries“, ich war einer seiner Akteure. Bin mit ihm noch heute regelmäßig in Kontakt. Halte an um Fotos zu machen, ihm zu schicken.

Bin so beschäftigt, dass ich gar nicht bemerke wie sich ein Pärchen mit Motorrad nähert, also das Motorrad schiebt, sie geht daneben. Er fragt, ob ich ihn abschleppen könne – kann ich! Sage ihm er soll das Seil am Gepäckrahmen festmachen – Seil hat er nicht?! Ok, Ich habe einige Zurrgurte, mit denen sind allerdings meine Ersatzreifen am Sturzrahmen befestigt. Er meint, die könnte man doch nehmen! Also Ideen hat er schon mal gute! Befestige einen Reifen am Top Case, damit sind zwei Zurrgurte das Abschleppseil. Schleppe die Drei (Motorradfahrer, Freundin Motorrad) bis zur nächsten Stadt. Wer die Panamericana kennt weiß: Das ist alles nicht gleich um die Ecke. Dort angekommen meint er nur: Er müsse aber noch weiter, in  die nächste Stadt – ok, da war ich dann ohnehin noch nicht => Pacasmayo. Urlaubsort, Strand. Angeblich bricht hier die längste Welle der Welt – ein Surferparadies – und eine Zementfabrik, und zwar eine ziemlich große, die zweitgrößte Perus. Strandpromenade mit viele kleinen Hotels – Gelegenheit für einen Snack, Ceviche. Einige Urlauber, nach einer halben Stunde genug vom „Strandleben“. Ist auch ehrlich gesagt nicht ganz so prickelnd, das „Gesamtarrangement“.

Halt in Cajamarca. Die Landschaft von der Küste hierher ändert sich um 180 Grad. Wüste, gerade Panamericana => bergig, grün, kurvig, Regen. Hier beginnt auch eine der schönsten Gegenden Perus: Cajamarca – Celendin – Leymebamba – Chachapoyas. Die Death Road in Bolivien ist nur ein liebliches Sträßchen im Vergleich.
Überhole ein Motorrad, ein Pärchen. Ein Polizeiauto an der Straßenseite, als wir vorbeifahren, fährt das Auto auch los. Einige Kilometer später, der Polizeiwagen überholt uns, hält an und stoppt die Beiden. Ich bleibe etwas weiter vorne stehen, toller Ausblick Mate Pause. Es wird laut bei den Fahrzeugen. Das Mädchen schreit hysterisch mit den Polizisten. Der kann es lauter, außerdem hat er den „Achter“ bereits in der Hand. Sehe wie das Motorrad auf der Ladefläche des Hilux „Platz nimmt“, der Bursch im Hilux – Abfahrt. Das Mädchen hat sich relativ schnell beruhigt, telefoniert. Ich trinke Mate, Fotos, schöne Eindrücke.

 

Die „Straße“ von Celendin nach Leymebamba ist eine der malerischsten die ich kenne, der Belag kann da nicht mithalten – manntiefe Schlaglöcher und davon gaaaanz viele. Brauche so lange wie auch Google meint, dass ich brauche, und das ist eher selten. In Leymebamba gibt es ein Museum mit alten Mumien, das mit österreichischer Finanzhilfe aufgebaut wurde. Habe ich vor einigen Jahren besichtigt, Fr. Minister Gerer lacht vom Bild der Eröffnungsfeier an der Wand. Werde bei der Einfahrt in den Ort wieder einmal angehalten. Ein junger Polizist stürmt auf mich zu, erklärt mir er ist das Commissario von Leymabamba, und vieles mehr. Sehe das Auto ist ganz neu, denke das Kommissariat ist damit auch recht neu und der junge Mann hochmotiviert. Als er den Redeschwall stoppt spreche ich ihn ganz ruhig und langsam auf Deutsch an. Neuerlicher Redefluss, so mit Commissario, Leymebamba ist eine ruhige Stadt, was ich da will, … bleibe bei ruhig und Deutsch.

Ein etwas älterer Polizist kommt dazu, der junge meint: Ein Nativo, also ein „Eingeborener“, echte Übersetzung, steht auch so im Google! Mit dem rede ich Spanisch weiter, sage ihm dass ich Österreicher bin, das Museum und so, …. wir unterhalten uns ein wenig, ehe er meint ich solle doch weiter fahren. Kuelap ist eine historische Stätte, von der Bedeutung sicher in einem Rang mit Machu Picchu, aber viel weniger bekannt. Vor einigen Jahren wurde eine Seilbahn zur Festung gebaut. Seit 2022 ist Kuelap wegen eingestürzter Mauern gesperrt, und das sicher noch länger. Dem Tourismus hat die Pandemie ordentlich zugesetzt, dass Kuelap geschlossen ist kommt noch dazu, der bedeutendste Flughafen in der Nähe, Jaen, ist wegen Renovierungsarbeiten stillgelegt. Es ist relativ ruhig im Tal des Rio Utcubamba. Chachapoyas, die Stadt ist unglaublich schön, gepflegt, schöne Häuser, aber auch hektisch. Beschließe einige Kilometer weiter nach Cocachimba zu fahren – Goctafälle. Halte bei einem Hotel, ein Mann mit einer elektrischen Sense kommt den Weg entlang, sagt, dass die Leute vom Hotel unten im Ort sind, ruft sie an, ich soll einfach auf die Terrasse gehen, die kommen irgendwann. Zum Mann mit der Sense gesellt sich ein Motorradfahrer dazu, nette Unterhaltung. Frage: „Du bist aber kein Peruaner“?! (er hat lange blonde Haare). „Nein, komme aus Italien“. „Ich mag Italien, Florenz ist eine der schönsten Städte für mich“. „Ich komme aus Florenz“. Es ist Francesco, den ich hier am Weg treffe. Erzähle ihm, dass ich eigentlich zu den Bungalows möchte, finde sie aber nicht. Er: „Das sind meine“. Er möchte mir auch einen besseren Preis anbieten, sind Bungalows für vier Personen. Er meint weiter, dass seine Frau Probleme damit haben könnte!? Ich beschließe den vollen Preis zu bezahlen und kein Grund für häusliche Probleme zu sein.

Bleibe einige Tage, mache absolut nichts, bin der einzige Gast, sicher der schönste Ort an den Goctafällen. Übrigens:

  1. Carmen kümmert sich um die Bungalows und die Gäste. Francesco macht das Grobe (Instandhaltung der Häuser; Bäume, Pflanzen schneiden, Wege reparieren, …)
  2. Die Goctafälle sind die vierthöchsten Wasserfälle der Welt.

2 Kommentare zu “Peru – Schwierigkeiten der anderen Art

  1. Hallo lieber Toni! Wieder ein super Bericht und tolle Bilder. Da bekomme ich gleich Lust zum verreisen. Hier in good Oldenburg Austria versäumst du nichts da der lang ersehnte Frühling einfach nicht klappt… Liebe Grüße aus dem verregneten Schwabendörfl Stefan

    • Anton Marschall

      Lieber Stefan,
      auch in Peru 🇵🇪 war das Wetter durchwachsen. Habe die Route danach angepasst. Ist zwar normal auf meinen Reisen, dieses Mal aber stark vom Wetter und vor allem offenen Strecken geprägt.
      Hoffe der Frühling kommt bald ins Schwabendörfl, und auch sonst 🤞.
      Liebe Grüße, Toni

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.