Nachdem sich „Arbeit“ und „Reisen“ nicht wirklich gut vereinbaren ließen habe ich beschlossen mein Arbeitsleben zu beenden und den Plan in sieben Jahren um die Welt zu reisen voll aufgenommen.
Die Abschiedsparty war sehr stimmungsvoll und emotional – hat mir sehr viel bedeutet und habe am Ende meiner Berufslaufbahn besondere Wertschätzung erfahren – Vielen Dank an meine Kollegen!!!
Die Vorbereitung der nächsten Tour war nicht sonderlich aufwändig. Reifen für mein Motorrad sind in Südamerika sehr schwer zu beschaffen, eine gute Versorgung gibt es lediglich in Santiago de Chile. Die Wege dahin sind aber ziemlich lange. Mit MotoAventure hatte ich bereits sehr gute Erfahrungen gemacht, auch ein Versand von Reifen ist prinzipiell möglich und relativ rasch. Nichts desto trotz hatte ich wie bereits vorher einen Reifensatz in Österreich gekauft und als Reisegepäck für den Flieger fertiggemacht. Bereits zwei Tage nach meiner Rückkehr von meinem letzten Arbeitsort, Schweiz, bin ich aufgebrochen. Meine Zeit für die genehmigte Ausreise mit dem Motorrad läuft in einigen Tagen ab und nach deren Ablauf wird es wirklich schwierig. Die Flüge waren perfekt und problemlos – bis Santa Cruz de la Sierra. Migration einfach wie immer, weiter zum Zoll: Hatte bereits „grünes Licht“ zum Passieren, dann die Frage der Zöllnerin: Son Illantas? (Sind das Reifen?) „Ja“ – das geht nicht, die sind kein persönliches Gut und müssen verzollt werden. „Ok – kein Problem.“ War es dann doch, weil der Zoll ist am Sonntag geschlossen! Mañana! Mein Weiterflug nach Tarija ist in zwei Stunden – keine Chance … Beim Flugschalter von Bolivian Airlines BoA: Kein Problem, ein einfacher händischer Eintrag auf dem Ticket: Flug morgen, 17:00 Uhr. Nettes Hotel in Santa Cruz gebucht und mit dem Taxi in die Stadt.
Der Zoll öffnet um 9:00 Uhr, man muss eine Agentur mit der Abwicklung beauftragen. Das Büro ist vielleicht 3×3 Meter, fünf Leute arbeiten darin, mit mir warten bereits etliche andere. Nach einer Stunde ist die Prozedur eröffnet, dann: Warten, und warten, … Ich habe mittlerweile einen mehrere Zentimeter dicken Papierberg zusammengesammelt. Gegen Mittag geht´s dann zum Flughafengebäude – zum eigentlichen Zoll. Warten, … Mittlerweile sind mit mir etwa 30 Leute vor dem Zollbüro. Ich bin der Einzige, der nicht spanisch spricht. Warten, … gegen 2 Uhr kommt meine „Betreuerin“ und meint, dass es sich wahrscheinlich für heute nicht ausgeht. Ein mitwartender Ecuadorianer unterstützt mich bei der Übersetzung meines Anliegens. Er hat kommerzielle Güter zur Einfuhr und wartet schon seit drei Tagen auf die Verzollung! Das Problem bei mir sei, dass beim Durchleuchten des Gepäcks außer den Reifen auch andere Teile im Gepäck festgestellt wurden, die wie kommerzielle Ware aussehen (Lampen oder ähnliches?!). Schnell begreife ich, dass das meine Zigarren in Metalltubos sind und keine „kommerziellen Waren“. Warten, … der Leiter der Zollstelle bemüht sich persönlich zu mir, ich erkläre ihm meine Lage und: Er versteht das und sagt mir zu mein Anliegen noch heute zu erledigen!!! Zuerst geht er … Essen. Als er zurückkommt, dauert es noch eine Stunde und ich habe alle Zollpapiere in Händen. Einzahlen der Zollgebühr bei der Bank gegenüber. Problem: Die Nummer auf den Zollpapieren ist falsch. Zurück zum Büro, nach einer weiteren halben Stunde ist auch das erledigt, 50.-$ Zollgebühr für die Reifen, die Agentur bezahlen und ich gehe stolz mit meinen Reifen durch den Zoll.
Gerade rechtzeitig zum Check-in für meinen Flug nach Tarija. Ich war der Einzige an diesem Tag, der sein Gepäck aus dem Zoll bekommen hat! Da hat jemand mein Glück besonders gefördert. Frederic holt mich vom Flughafen ab, nicht nur Frederic, die ganze Familie ist gekommen, mit dem Familienzuwachs Matteo! Große Wiedersehensfreude und ein Fest! Frederic hat schon viel vorbereitet: Geld wechseln, Benzin, Benzinkanister, … wie ein richtiger Stützpunkt.
Leider muss ich ziemlich schnell weiter – Motorrad startklar machen, packen, Jetlag und Schlafdefizit ignorieren. Die Ersatzreifen, den Benzinkanister aufs Bike geschnallt und bereits am nächsten Tag starte ich Richtung Grenze nach Argentinien – über Villazon nach La Quiaca. Den Weg bin ich bereits vor einem Jahr gefahren, 100 Kilometer Schotterstraße. Wenig Verkehr, ich überhole einen mit Holz vollgepackten bolivianischen Pick-up. Wir fahren gut eine Stunde hintereinander bis zur Hauptverkehrsstraße nach Villazon. Ich halte an der Straße und hinter mir der Pick-up, der Fahrer steigt aus und kommt mit offenen Armen auf mich zu, er umarmt mich, redet auf mich ein und ist voller Freude – ich verstehe kein Wort was er sagt, aber es berührt mich ungemein, ein wunderschöner Beginn für die Reise! Er wünscht mir alles Gute, umarmt mich zum Abschied. Die Straße ist gut ausgebaut, ich komme gut voran bis mich eine Polizeikontrolle anhält – 156 kmh auf der Radarpistole! 80 sind erlaubt … einige Überredungskunst und 80 BOB Strafe = 12.-€. Der Pick-up fährt vorbei, ich überhole ihn einige Kilometer weiter, er streckt den Daumen hoch aus dem Fenster. An der Grenze ist nicht viel Betrieb, Ausreise aus Bolivien, der Zöllner spricht sehr gut Englisch. Er fragt, ob ich eine Motorradversicherung für Argentinien habe, diese ist für eine Einreise notwendig – habe ich nicht. Bei allen meinen Grenzübertritten war das bisher nicht notwendig. Weiter zur Migration auf argentinischer Seite, die Frage nach der Versicherung … Der Zöllner spricht mit seinem Chef, nach einigen Minuten Entwarnung, ich darf passieren, soll mir aber ein Versicherung für die Mercansur Staaten in La Quiaca besorgen. So geht es eben auch!
Die Hotels sind in La Quiaca gut gebucht, ich finde ein kleines Hotel. Garage für das Motorrad ist nicht, ich soll ins Restaurant fahren. Das mache ich dann auch, fahre zwischen den Gästen ins Lokal und parke mich ein. Abendessen, treffe eine Gruppe die an der Grenzstation arbeitet, sie sind aus Buenos Aires und für vier Monate hier in der Stadt für die Installation neuer EDV Systeme. Ich bekomme gute Tipps für die Sehenswürdigkeiten rund um La Quiaca.
Frühstück und Suche nach einem Versicherungsbüro, der Tipp vom Hotel für eine Agentur gleich um die Ecke ist gut, aber: Sie versichern keine ausländischen Fahrzeuge. Ich bekomme einige Adressen, klappere eine nach der anderen ab und tatsächlich finde ich eine, die derartige Versicherungen abschließt. Kostet 450.- argentinische Peso = 40.-€, die Ausstellung der Polizze dauert aber zwei Tage. Ich beschließe darauf zu warten. Mittagessen, danach noch einmal zum Versicherungsbüro wegen Unterschriften und: Die Polizze ist bereits fertig. Zurück zum Hotel, das Bike aus dem Restaurant und weiter. Über Humahuaca, Tilcara, Purmamarca nach Susques. In Susques mache ich Halt, da gibt es eine sehenswerte Iglesia. Weiter zur Route 40 Richtung San Antonio de los Cobres, dort hatte ich meine sehr gute Erfahrung nach dem Hundebiss vor 1,5 Jahren. Bei der Abzweigung sehe ich eine Gruppe von Motorradfahrern, ich bleibe stehen und wir kommen ins Gespräch. Es ist eine bunt zusammengewürfelte Gruppe, die eine Tour unter dem Motto „Charley Boorman“ (britischer Schauspieler und Abenteurer) durch Südamerika machen. Charley Boormann und Ewan McGregor waren die beiden, die mich mit den CD´s ihrer Touren „Long Way Round“ und „Long Way Down“ auf die Idee meiner Reise gebracht haben. Stickers für meine Koffer, Fotos, Email Adressen, beste Wünsche und kräftiges Händeschütteln. Die Ruta 40 bis San Antonio ist eine Schotterstraße und relativ gut befahrbar, ganz wenig Verkehr. Ich überhole auf der Strecke ein Auto, Hand zum Gruß und weiter. Fotos an der Strecke, das Auto kommt wieder heran, hält und die Frau am Beifahrersitz ruft mir zu: I werd narrisch! Da trifft man mitten im Nirgendwo an Verrückten und dann ist es auch noch ein Österreicher! Es ist ein Paar aus Deutschland, Schwaben, die Ihren Sohn in Südamerika besuchen und eine Tour durch Südamerika angehängt haben.
Kurz von San Antonio eine Sehenswürdigkeit: Der Tren de los Nubes, fährt Touristen auf der alten Eisenbahnlinie der aufgelassenen Minen auf 4.000 Meter durch die Anden. Die alte Eisenbahnbrücke Viaducto de La Polvorilla ist heute eine Touristenattraktion.
Im Hotel de las Nubes finde ich wieder Quartier. Dort treffe ich auf eine argentinische Familie aus Rosario, Ignaccio ist mit Frau, Kindern, Schwiegervater auf Tour durch Nordargentinien – ein sehr netter Abend, mit typischen Spezialitäten der Region, Vino, Cervezza, … Landkarten, Email Adressen beim Abschied und die Zusage, dass wir uns auf den Reisen irgendwo wieder treffen werden, bei ihm zu Hause soll ich jedenfalls Halt machen.
Volltanken und weiter Richtung Antofagasta de la Sierra. Es geht auf 4.800 Meter, Paso de Gallo, wüstenähnliche Abschnitte und Oasen. Das Wasser ist dick gefroren. Die Straße wird vom Schwerverkehr genützt, es sind noch immer etliche Minen in Betrieb, der Transport erfolgt mit Lastkraftwagen. Ich komme gut voran, bis … das rote Lämpchen auf der Armatur leuchtet wieder einmal auf – Reifendruck! Das Hinterrad ist platt. Reparaturset, Loch aufbohren, den Streifen reindrücken, aufpumpen. Das Ganze geht jetzt schon ziemlich schnell und problemlos. Salare und Bergpässe wechseln ab, die Strecke wird anspruchsvoller, steinig, tiefer Sand, die letzten 50 Kilometer vor Antofagasta de la Sierra sind kräfteraubend – wahrscheinlich bin ich die Höhe nicht gewöhnt, aber auch körperlich bin ich nicht gut trainiert und auf der Höhe …
Nettes Hotel in Antofagasta, auf einer Anhöhe, ich bin der einzige Gast. Abendessen im Ort. Nach dem Frühstück zur Tankstelle, volltanken und weiter nach El Penon. Eines meiner Ziele auf dieser Reise – Campo del Piedra, eine weiße Bimssteinlandschaft. Kurz vor El Penon zweigt der Weg ab. Zu Beginn ist die Strecke einfach zu fahren, nach zehn Kilometern wird es zunehmend sandig, der erste Sturz. Koffer abmontieren, Benzinkanister, aufstellen, weiter. Es wird unwegsamer, ich montiere die Koffer ab und verstecke sie hinter einem Sandhügel. Hoffe mit weniger Ballast weiter zu kommen. Nach einigen Kilometern versinkt das Bike wie im Treibsand, ich stecke bis über die Nabe im Sand, das Hinterrad dreht durch, gräbt weiter, tiefer. Obwohl ich gute Offroad Reifen montiert habe, TKC 80 von Continental, ist das Motorrad mit mir zu schwer für den Untergrund. Ich beginne zu graben, schieben, heben, … nach zwei Stunden ist das Bike wieder frei. Ich drehe um, montiere die Koffer und fahre nach El Penon. Über das Hotel El Penon habe ich bereits im Internet gelesen – „Luxushotel“ mitten in der Wüste, ohne Internet, ungeheizt, Strom nur von 18 bis 23 Uhr. Ich bekomme noch ein Zimmer für zwei Tage. Im Hotel erfrage ich, dass es einen Exkursionsanbieter mit 4×4 Auto gibt. Derzeit ist er aber unterwegs und nicht erreichbar – Mobiltelefon ist hier nicht – am Abend bringt er die heutigen Gäste ins Hotel zurück. Immer mehr Autos kommen zum Hotel bis es schließlich und endlich voll belegt ist – Glück gehabt. Der 4×4 Wagen kommt auch zurück, ich frage an ob er morgen mit mir die Tour zum Campo del Piedra machen kann – passt! Mir ist bereits schon ein 4×4 WD mit Campingaufbau und Schweizer Kennzeichen, vor dem Hotel aufgefallen, die beiden Mitfahrer des 4×4 sind zwei junge Schweizer, Francesco und Barbara, aus dem Tessin. Sie haben ihren Wagen nach Uruguay verschifft und sind jeweils einige Wochen am Stück in Südamerika unterwegs. Hauptsächlich lassen sie ihren Wagen in Uruguay stehen, da er dort für zwölf Monate abgestellt werden darf. Wir verbringen einen sehr netten Abend und beschließen am nächsten Tag gemeinsam zum Campo del Piedra zu fahren. Ab 19 Uhr gibt es warmes Wasser und Licht, um 23 ist es vorbei mit Warmwasser und Strom – Schlafenszeit.
Nach dem Frühstück fahren wir los. Vorbei an Salaren, riesigen Steinfeldern in Richtung Campo del Piedra. Schon von weitem kann man den riesigen Bergrücken aus weißem Stein sehen. Der weiße Streifen zieht sich zig Kilometer über die Landschaft – einfach unbeschreiblich …
Wir bleiben zwei Stunden und lassen uns auf die beeindruckende Landschaft ein. Für den nächsten Tag buche ich den Tagesausflug zu Vulkan Galan. Francesco meinte, dass es mit dem Motorrad nicht möglich ist. Auch mit ihrem 4×4 haben sie es deshalb nicht gemacht. Im Hotel treffe ich eine australische Familie, wir essen gemeinsam. Sie erzählen von ihrer Reise und sind voll beeindruckt, nur mit dem südamerikanischen Essen sind sie überhaupt nicht zufrieden – sie mögen die asiatische Küche, das passt in keinem Fall. Der Mann war schon viel in der Welt unterwegs, so auch in Madagaskar, er hat die Insel mit dem Fahrrad von Nord nach Süd durchfahren und schwärmt von dem Land. Der Abend verläuft sehr ähnlich zum ersten: Duschen, essen und ins Bett.
Der Ausflug zum Vulkan Galan, Laguna Diamante, vorbei an noch mehr Lagunen, hunderttausenden Flamingos, bizarren Felsen, heißen Quellen, … ist unvergesslich. Der Vulkan Galan hat eine Caldera mit einem Durchmesser von 40 Kilometer, dies ist angeblich der größte Krater weltweit?! Es sind weniger als 100 Kilometer von El Penon bis zum Vulkan, mit meinem Motorrad wäre es leider nicht möglich, zu steile Abschnitte machen es mit dem schweren Bike – für mich – unmöglich. Man muss seine eigenen Grenzen kennenlernen und noch mehr: Akzeptieren. Hier war es an zwei Tagen gleich zweimal der Fall – das zerrt schon etwas am Selbstbewusstsein.
Rückkehr zum Hotel, mein Gepäck ist bereits fertig verstaut, rein ins Motorradgewand und um 15:00 breche ich auf nach Belen. Die Straße wechselt zwischen Asphalt und Schotter, es geht aber sehr gut und schnell voran. Die argentinischen Peso sind mittlerweile knapp geworden, um nicht zu sagen fast null. Der Bankomat in Belen gibt aber weder mit der Maestro noch Visa oder Diners Geld aus – Die angespannt Wirtschaftslage von Argentinien macht sich ganz besonders beim Geld bemerkbar. Hotelsuche: Beim Bahnhof treffe ich einige Taxler, spreche sie an wegen nettem Hotel und vor allem billig – für mehr reicht es nämlich nicht mehr. Bekomme einen sehr guten Tipp, nächste Frage: Wo kann ich Dollar oder Euro gegen Peso tauschen? Die Banken haben bereits geschlossen, außerdem ist die Prozedur erfahrungsgemäß ziemlich aufwändig und mit einer stundenlangen Warterei verbunden. Kurze Beratung untereinander und einer begleitet mich zu einer Cafeteria einige Gassen weiter. Kurzes Gespräch mit dem Eigentümer, ok. Er stimmt auch meinem Vorschlag 1.500 Peso für 100 Dollar zu. Möchte aber 200 Dollar tauschen – noch besser! Espresso, Agua minerale sin gas und herzliche Verabschiedung. Das Hotel ist wirklich sehr nett, kostet 15.- Euro, mit Frühstück.
Auf dem Weg nach Tinogasta liegt Shincal, eine sehr sehenswerte Inkastadt. Ich mache ein Führung mit, mit mir ein junges Pärchen aus Argentinien. Die beiden sind eine eigene Erscheinung, er war schon sehr viel unterwegs, auch einige Monate in Italien, hat viele unterschiedliche Sachen gemacht. Sie nennt ihn ihre Muse, der sie spirituell inspiriert. Gemeinsam mit dem Ausgrabungen, den Ausführungen der Führerin, die übrigens nur spanisch spricht, die Übersetzung von den beiden, ihre Geschichten und ihre Erscheinung – ein sehr gelungene Mischung.
In Tinogasta mache ich kurz Halt, zuerst zur Bank – auch hier das gleiche wie in Belen, es kommt kein Geld aus der Maschine. Die Bank ist gesteckt voll. Ich frage einen vorbeigehenden Mann, ob er mir bei der Geldbeschaffung helfen kann. Er blickt sich vorsichtig um und meint ich soll ihm zur gegenüberliegenden Seite des Plaza, zur Iglesia folgen. Er fährt mit einem klapprigen Auto vor, wir gehen … in die Kirche. Die ist eine riesige Baustelle, eine Generalsanierung. Weiter in den hinteren Teil des Gebäudes. Dort fragt er wie viel ich tauschen möchte und zu welchem Kurs. 200 Dollar zu einem Kurs von 1.500 – passt! Er deutet mir an zu warten, holt das Geld und ich tausche beim Pfarrer in Tinogasta Dollar gegen Peso. Er ist erst sehr kurz in dieser Gemeinde und mit der Restaurierung der Kirche voll beschäftigt. Kräftiges Händeschütteln, gute Wünsche beiderseits – ich glaube aber kein Segen. Gleich neben der Kirche ein Internet Cafe. Ich kaufe mir eine Stunde und Skype nach längerer Zeit wieder mit Sigrid – Argentinien, Banken, Internet, das verträgt sich nicht wirklich. Weiter nach Fiambala, dort gibt es in den Bergen ein natürliches Thermalbad, die Bilder im Internet sind sehr ansprechend. Auch eine Privatvermietung mit zwei oder drei Zimmern ist oben. Bei der Einfahrt zum Bad muss ich leider erfahren, dass die Zimmer ausgebucht sind. Ich fahre trotzdem weiter nach oben und entdecke einen netten Campingplatz, Bach, Grillstationen, Licht, Steckdosen, Wasser, … da bleibe ich zwei Tage. Die Therme hat bis 22:00 Uhr geöffnet und ist wirklich wunderschön angelegt. Das heiße Wasser läuft direkt aus dem Berg in natürlich angelegte Becken. Die Temperatur in den Becken ist nach unten jeweils um ein Grad geringer. Es beginnt ganz oben bei 40 Grad, am untersten sind es dann noch 33 Grad. Es sind nicht allzu viele Leute im Bad und ich genieße den Abend im heißen Wasser. Zurück beim Campingplatz sind mittlerweile einige Zelte mehr, meine Nachbarn sind zwei Motorradfahrer, einer ist vor zwei Jahren mit seinem Bike in nur neun Monaten um die Welt gereist, er war in Japan, Moskau, Wien, München, … Die beiden haben den Griller schon angeheizt und laden mich zum Asado ein. Ein sehr netter Abend, obwohl die beiden nur spanisch sprechen und ich kein Wort spanisch verstehe unterhalten wir uns sehr gut, in erster Linie über meine Reise, dass ich erst vor drei Monaten geheiratet habe und trotzdem reisen „darf“, wie ich das finanzieren möchte, … Es bleibt für Vieles nur unverständiges Kopfschütteln der beiden und ein anerkennendes Schulterklopfen – das würden sie auch gerne machen. Den nächsten Tag verbringe ich ausschließlich im heißen Wasser, Sonne, Reiseplanung. Von Fiambala fahre ich weiter zum Paso San Francisco, am Pass musste ich vor eineinhalb Jahren wieder umkehren, da die chilenische Seite durch schwere Regenfälle unpassierbar und gesperrt war. Die Auffahrt ist wieder beeindruckend. Die Bilder von damals sind in meinem Kopf noch ganz präsent. Am Pass die argentinische Grenzstation, kein Problem, kurzes Gespräch mit dem jungen Grenzpolizisten über die anderen Andenpässe etwas südlicher – Passo Agua Negra, Pirca Negras – da ist noch Wintersperre und wahrscheinlich erst ab Dezember geöffnet. Nach 27 Kilometer erreiche ich die Passhöhe und es geht weiter Richtung Chile.
Die Strecke ist noch schöner und großartiger als auf argentinischer Seite, die Laguna Verde liegt wie von einem anderen Stern in einer leichten Senke. Es ist ziemlich frisch, um nicht zu sagen eiskalt. Vorbei am Ojos del Salado, dem höchsten Vulkan der Welt. Obwohl ich sehr hoch am Berg bin – 4.900 Meter – verläuft die Straße oft ganz gerade und eben über die Landschaft, scharfer Gegenwind. Am Straßenrand sitzt ein Radfahrer! Ich bleibe stehen, er isst gerade ein Keks, ist Amerikaner und seit mehreren Monaten unterwegs. Er möchte mit dem Rad von USA nach Ushuaia, allein für die Überquerung der Anden beim Paso San Francisco braucht er sieben Tage! 80 Kilometer am Tag, von Copiapo bis Fiambala sind es 600 Kilometer, auf fast 5.000 Meter, eiskalt. Auf dem Fahrrad hat er alles mit für die Reise: Essen, Trinken, Zelt, Schlafsack, … Ich drücke meine Hochachtung und den vollen Respekt aus bevor ich mich verabschiede. Die chilenische Grenzstation: Es geht rasch und problemlos. An den Amerikaner können sie sich auch erinnern, der war gestern hier – ein Verrückter … No Comment. Bis hier her war Asphalt, von der Grenzstation nach Copiapo ist eine Schotterstraße, überall kann man die Spuren des Unwetters vom letzten Jahr sehen, die Strecke ist teilweise anspruchsvoll zu fahren, aber eine wunderschöne Wüstenlandschaft, hoch in den Anden. Im Gegensatz dazu sehe ich in einer Oase einige Enten schwimmen, daneben Wüstenlandschaft. Ankunft in Copiapo.
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